TV-Kritik Günther Jauch Kita-Plätze sind so sicher wie die Rente

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"Ich weiß nicht, in welcher Umlaufbahn Sie schweben"

Welche Länder überaltern
Platz 8: Schweden Quelle: dapd
Platz 7: Portugal Quelle: REUTERS
Senioren beim Nordic-Walking Quelle: dpa
Griechenland Quelle: dpa
Platz 10: Finnland Quelle: dapd
Platz 5: Bulgarien Quelle: Reuters
Platz 4: Italien Quelle: dapd

Gemeint war: Die Wirtschaft zwingt den Familien ihre Regeln auf. Viele Eltern müssten in prekären Beschäftigungsverhältnissen zuarbeiten, mit Schichtarbeit und Wochenenddienst. Nur deswegen sei der Bedarf an Kita-Plätzen so groß. Die Frage, wie jungen Eltern geholfen werden kann, die zwei Einkommen angewiesen sind, ließ Norbert Blüms Wort-zum-Sonntag-hafte Mahnrede jedoch offen. „Wir leben in einer verwirtschafteten Gesellschaft, wo es nur um Geld geht, und das ist der Ruin der Kinder“, verkündete er stattdessen.

Unzeitgemäßes Ehegatten-Splitting

„Ich weiß nicht, in welcher Umlaufbahn Sie schweben“, brach da die Fassungslosigkeit aus Sozialwissenschaftler Sell heraus. Tatsächlich gingen die meisten Eltern verantwortungsvoll mit den Betreuungsangeboten für Kleinkinder um. Verhaltene Zustimmung erhielten Blüm derweil von Kristina Schröder: „Ich teile das Unbehagen von Norbert Blüm.“ Jedoch dürfe man sich auch nicht negativ über Kitas äußern. Darauf begann ein heftiger Schlagabtausch zwischen der Bundesministerin und Hannelore Kraft, bei dem es vor allem darum ging, was Wahlfreiheit für Familien bedeutet.

Kraft hält das Ehegatten-Splitting in seiner jetzigen Form nicht mehr für zeitgemäß. Schröder sieht keinen Anlass, etwas daran zu verändern, so viel war noch zu verstehen. Der Rest ging unter, weil die Politikerinnen einander ins Wort fielen, bis man sich wünschte, die anwesende Erzieherin Simin Compani möge einschreiten und die beiden auseinandersetzen. Doch immerhin gelang es Compani, die eine Kindertagesstätte in Frankfurt am Main leitet, die Debatte mit ihren nüchternen Beobachtungen zu erden. 248 Voranmeldungen sind bei ihr eingegangen, für fünf Plätze. „Ich kann die Notsituationen der Eltern nachvollziehen, habe aber nicht die Kapazitäten“, sagte sie. „Also sage ich ihnen von Anfang an, dass die Chancen gleich Null sind.“

Verkäuferinnen verdienen mehr als Erzieherinnen

Zu ihren Problemen zählt, dass sie nicht genügend pädagogische Fachkräfte findet. 1300 bis 1400 Euro netto verdiene eine Berufsanfängerin, sagte sie – nicht gerade ein Gehalt, dass junge Menschen scharenweise anzieht. Die Anerkennung und Wertschätzung sei aber gestiegen, merkte Schröder an, auch wenn die Bezahlung das noch nicht widerspiegelt. „Aber das ist doch eine Form von Anerkennung“, wandte Compani ein. Dem stimmte auch der Sozialwissenschaftler zu: Eine von fünf Erzieherin verschwinde bereits in ihren ersten beiden Berufsjahren, sagte Stefan Sell: „Und wo sind die geblieben? Im Lebensmittel-Einzelhandel, weil sie dort mehr verdienen können.“

Die Sendung schloss mit dem Auftritt einer Anwältin für Familienrecht. Günther Jauch fragte die Juristin im Schnelldurchlauf ab, was Eltern bei einer Klage auf einen Betreuungsplatz berücksichtigen sollen. Die Diskussion in der Sendung jedenfalls hat keinen Zweifel gelassen: Viele Familien werden die Ratschläge brauchen können.

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