




Vor den geplanten Koalitionsverhandlungen von Union und SPD haben die Bundesbürger laut einer Umfrage eine relativ klare Vorstellung von den wichtigsten Regierungsprojekten. 83 Prozent fänden die Einführung eines gesetzlichen, flächendeckenden Mindestlohns von 8,50 Euro gut, ergab eine am Freitag veröffentlichte Umfrage für das ZDF-„Politbarometer“. 14 Prozent sprachen sich gegen die von der SPD im Wahlkampf angekündigte Arbeitsmarktreform aus.
Ökonomen warnen jedoch vor einem flächendeckenden Mindestlohn - Milliarden Euro würden dann in die Schwarzarbeit fließen. "Die Schattenwirtschaft würde um mindestens ein bis zwei Milliarden Euro jährlich steigen", sagte der Wirtschaftsprofessor Friedrich Schneider von der Universität Linz am Freitag der Nachrichtenagentur Reuters. Bei einem Mindestlohn von zehn Euro, wie ihn die Linkspartei fordert, wären es sogar drei bis vier Milliarden. Vor allem in Ostdeutschland sei die von der SPD geforderte Lohnuntergrenze von 8,50 Euro zu hoch. Der Anreiz, schwarz zu arbeiten, nehme dadurch zu.
"Besonders betroffen sind Handwerk, Baugewerbe, Gärtnerarbeiten und haushaltsnahe Dienstleistungen wie Friseure", sagte der mit seinen Studien zur Schwarzarbeit international bekanntgewordene deutsche Ökonom. "Da findet sich garantiert jemand, der das auch für sechs, sieben oder acht Euro unter der Hand macht." Auch andere Wissenschaftler wie Ronnie Schöb von der Freien Universität Berlin rechnen mit einem Anstieg der Schwarzarbeit bei einem Mindestlohn von 8,50 Euro.
Auf die Steuereinnahmen des Staates wirke sich das aber nicht so stark aus. "Wer schwarz arbeitet, tut das nicht für das Sparbuch, sondern geht in den nächsten Supermarkt und kauft ein", sagte Schneider. Steige die Schwarzarbeit um 1,5 Milliarden Euro, flössen davon zwei Drittel oder 900 Millionen Euro direkt in den Konsum. "Dadurch halten sich die Steuerausfälle in Grenzen." Allerdings gefährde ein zu hoher Mindestlohn sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze und könne damit Löcher in die Sozialkassen reißen. "Ein Mindestlohn ist nicht per se schlecht", sagte Schneider. "Er sollte nur nicht deutlich über dem liegen, was ein Schwarzarbeiter nehmen würde."
Nach Berechnungen des Experten dürfte die Schattenwirtschaft in diesem Jahr etwa 340,5 Milliarden Euro erwirtschaften. Das wäre der vierte Rückgang in Folge und der niedrigste Wert seit 2001, wofür vor allem die gute Lage am Arbeitsmarkt verantwortlich sei. Die Summe entspricht etwa 13,2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Das entspricht etwa dem Durchschnitt der Industrieländer.