Berlin
Vor dem Hintergrund des polnisch-israelischen Streits über den Umgang mit dem Holocaust hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf die historische Schuld Deutschlands verwiesen. „Wir sind verantwortlich als Deutsche für die Dinge, die während des Holocaust, der Shoah, im Nationalsozialismus passiert sind“, sagte die Kanzlerin in ihrem am Samstag veröffentlichten Video-Podcast. Diese Verantwortung dauere an und jede Bundesregierung werde ihr gerecht werden. Am kommenden Freitag kommt der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki zu seinem Antrittsbesuch nach Berlin.
Zur Verabschiedung des international umstrittenen Holocaust-Gesetzes in Polen sagte Merkel, sie wolle sich in die Gesetzgebung der Nachbarn nicht direkt einmischen. Das neue polnische Gesetz sieht Geldstrafen oder bis zu drei Jahre Haft vor, wenn jemand „öffentlich und entgegen den Fakten“ dem polnischen Volk oder Staat die Verantwortung oder Mitverantwortung für von Nazi-Deutschland begangene Verbrechen zuschreibt. Kritiker befürchten, das Gesetz könnte missbraucht werden, die Verantwortung auch polnischer Bürger für Verbrechen an Juden zu leugnen.
Die nationalkonservative Regierung in Warschau wirbt indes für mehr Verständnis angesichts der polnischen Vergangenheit. Morawieckis Kanzlei veröffentlichte am Freitag auf Twitter einen englischsprachigen Spot über den Holocaust und die Besetzung Polens durch Nazi-Deutschland. „Juden und Polen haben gemeinsam gelitten. Wir haben viel getan, um Juden zu retten. Als Staat. Als Bürger. Als Freunde. Heute stehen wir immer noch auf der Seite der Wahrheit“, heißt es dort. Versehen war der Tweet mit dem Hashtag #GermanDeathCamps (deutsche Todeslager).
Vor einer Woche hatte auch Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) die historische Schuld Deutschlands betont: „Es gibt nicht den geringsten Zweifel daran, wer für die Vernichtungslager verantwortlich ist, sie betrieben und dort Millionen europäischer Juden ermordet hat: nämlich Deutsche.“