Umsonst-Kultur im Internet Berlin macht sich für EU-Leistungsschutzrecht stark

Das deutsche Leistungsschutzrecht sollte Presseverlage stärken und die Umsonst-Kultur von Google & Co. beenden. Doch das Gesetz wirkt nicht. Die Bundesregierung setzt nun, so scheint es, auf eine europäische Regelung.

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Gegen die Umsonst-Kultur des Netzes will die EU-Kommission vorgehen. Die Bundesregierung hegt Sympathie für das Vorhaben. Quelle: dpa

Berlin Die Bundesregierung hegt Sympathie für ein europäisches Leistungsschutzrecht für Presseverleger. Das geht aus einer dem Handelsblatt vorliegenden Antwort des Justizministeriums auf eine Kleine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion hervor. 

Auf die Frage, ob die Bundesregierung die Pläne von EU-Digitalkommissar Günther Oettinger unterstütze, ein EU-weit geltendes Leistungsschutzrecht für Inhalte von Online-Medien mit einer Schutzfrist von zwanzig Jahren einzuführen, schreibt der Parlamentarische Staatssekretär Christian Lange (SPD): „Die Bundesregierung hält es für richtig, die grundsätzliche Frage, wie für einen gerechten Interessenausgleich bei der Wertschöpfung im Internet gesorgt werden kann, auch und vor allem auf europäischer Ebene zu diskutieren.“ In diesem Zusammenhang würden derzeit die Regelungsvorschläge der EU-Kommission geprüft.

Ähnlich hatte sich jüngst auch Justizminister Heiko Maas (SPD) im Interview mit dem Handelsblatt geäußert. Dass ein europäisches Leistungsschutzrecht geeignet sei, der Marktmacht von Google Paroli zu bieten und die Interessen der Verlage angemessen zu vertreten, bejahte er. „Ich halte es für richtig, die grundsätzliche Frage, wie wir für mehr Gerechtigkeit im Netz sorgen können, auch auf europäischer Ebene anzugehen.“

Oettinger will das geplante europäische Leistungsschutzrecht bis Ende 2017 unter Dach und Fach bringen. Bis dahin sollten die Mitgliedsländer und das EU-Parlament die Pläne der EU-Kommission billigen, sagte Oettinger Anfang September. Die Pläne des CDU-Politikers sehen vor, dass kommerzielle Internet-Anbieter wie etwa Google News für die Verbreitung von Anreißern von Artikeln an deren Urheber zahlen sollen. Die Rechte sollen zudem bis zu 20 Jahre lang durchgesetzt werden können.

Ziel sei der Schutz der Interessen von Urhebern und Verlegern, deren Geschäftsmodell wanke. „Der Kreativsektor ist für mich eine Priorität“, sagte Oettinger damals. Er wies das Argument zurück, dass ähnliche Maßnahmen in Deutschland und Spanien nicht gefruchtet hätten. Einzelne Staaten seien zu klein, die EU als Ganzes biete dagegen mit 510 Millionen Menschen einen weltweit attraktiven Werbemarkt. Auch US-Konzerne müssten sich an europäische Regeln halten. „Wenn ihr das nicht akzeptiert, habt ihr ein Problem“, sagte Oettinger an die Adresse der großen Internetanbieter.


„Mir scheint, es wird hier absichtlich schlecht geprüft“

Maas plädierte dafür, bei einer europäischen Regelung die Lehren aus der Situation in Deutschland zu berücksichtigen. Damit spielte er auf das im März 2013 verabschiedete und seitdem stark umstrittene deutsche Leistungsschutzrecht an. Es soll Presseverlagen die Möglichkeit geben, Lizenzgebühren für auf Suchmaschinen und News-Aggregatoren erscheinende Artikelauszüge zu verlangen. Genutzt wurde diese Lizenzierungsmöglichkeit bisher kaum. Grund ist ein andauernder Streit über die Anwendbarkeit des Gesetzes und die Höhe möglicher Zahlungen.

Maas räumte denn auch seinerzeit im Interview ein, dass die geltenden  gesetzlichen Grundlagen kein Problem lösten. „Wir sind dabei, das zu evaluieren“, erklärte er und kündigte an, hierbei auch laufende Verfahren und die europäische Debatte einzubeziehen.  Offen ist, wann mit einem Ergebnis zu rechnen ist. Staatssekretär Lange verwies lediglich darauf, dass das Justizministerium das Gesetz entsprechend der Vorgabe im Koalitionsvertrag „hinsichtlich der Erreichung seiner Ziele“ überprüfe. „Wann das Ergebnis der Evaluierung vorgelegt werden kann, steht derzeit noch nicht fest.“

Die Grünen-Medienexpertin Tabea Rößner hielt der Bundesregierung vor, weder eigene Erkenntnisse zu der Problematik des Gesetzes noch Analysen oder Bewertungen dazu in Auftrag gegeben zu haben. „Die Umstände legen den Verdacht nahe, dass die Evaluation eher eine pro forma angelegte und tatsächlich wohl noch sehr dünne Akte sein dürfte“, sagte Rößner dem Handelsblatt. „Mir scheint, es wird hier absichtlich schlecht geprüft.“

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