Umstrittene Abgasversuche Autobauern droht neuer Untersuchungsausschuss

Im Skandal um Abgasversuche an Affen wächst der Druck auf die Autobranche. Im Bundestag wird überlegt, wegen der fragwürdigen Tests einen neuen Untersuchungsausschuss einzusetzen.

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BMW, VW und Co.: Autobauern droht neuer Untersuchungsausschuss Quelle: dpa

Berlin Der Skandal um Abgas-Tierversuche könnte ein parlamentarisches Nachspiel haben. „Mit jedem Skandal erhöht sich die Notwendigkeit eines neuen Untersuchungsausschusses“, sagte die verkehrspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Ingrid Remmers, dem Handelsblatt. „Zurzeit stellen sich viele neue Fragen, die wir von der Autoindustrie und der Bundesregierung beantwortet haben möchten.“

Für eine parlamentarische Untersuchung plädiert auch der Linken-Politiker und ehemalige Vorsitzende des Abgas-Untersuchungsausschusses im Bundestag, Herbert Behrens. „Wir müssen darüber reden, ob wir nicht noch einmal einen Untersuchungsausschuss einsetzen und den Untersuchungsgegenstand erweitern“, sagte der frühere Bundestagsabgeordnete. Es vergehe seit dem Dieselskandal kein Monat, an dem nicht ein neuer Skandal bekannt werde. „Die Großindustrie gibt weiter den Ton an“, kritisierte Behrens. „Es hat sich nichts geändert.“

Die Autoindustrie hatte Wissenschaftler eingespannt, die mit der Lobbyorganisation EUGT Gesundheitsgefahren von Dieselabgasen verharmlost haben sollen. Dabei waren auch Affen mehreren Tests ausgesetzt. Darüber hinaus förderte die Initiative eine Studie der Universität Aachen zur Stickstoffdioxid-Belastung am Arbeitsplatz - Probanden waren 25 Menschen. BMW, Daimler, VW und Bosch hatten die EUGT gemeinsam gegründet, Bosch stieg 2013 aus.

Die Branche reagierte mit personellen Konsequenzen: Erst Volkswagen, dann Daimler. Der Mitarbeiter, der den Autobauer im Vorstand der Lobbyorganisation EUGT vertreten hatte, werde mit sofortiger Wirkung freigestellt, teilte Daimler am Mittwoch mit. Das habe der Vorstand entschieden. Konkurrent BMW steht hingegen weiter zu einem Mitarbeiter, der den Autokonzern von 2011 bis 2015 als Referent in der Lobby-Initiative vertreten hatte. Am Vortag hatte VW den Cheflobbyisten Thomas Steg beurlaubt.

Zumindest die Abgastests an Tieren waren dem Untersuchungsausschuss zum VW-Abgasskandal seit eineinhalb Jahren bekannt. Schon auf dessen Sitzung am 8. September 2016 berichtete der bekannten Toxikologe Helmut Greim mehrfach davon, dass es entsprechende Tests gegeben habe. Keiner der informierten Politiker nahm jedoch daran Anstoß. Dies geht aus dem stenografischen Protokoll der Sitzung hervor, das dem Handelsblatt vorliegt.

Dabei erwarten die Deutschen von der Politik einen deutlich härteren Umgang mit der Autoindustrie. Fast drei Viertel der Befragten halten die Politiker für zu nachsichtig, nur 18 Prozent nennen den Umgang mit der Branche angemessen, wie eine Erhebung des ARD-Deutschlandtrends ergab, die am Donnerstag veröffentlicht wurde. 52 Prozent der Bürger sagten, sie hätten im Zuge der Diskussion um manipulierte Abgaswerte persönlich Vertrauen in die Autoindustrie verloren.

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