Umweltbelastung Bundesregierung arbeitet an Regelung für Fahrverbote

Das Verkehrsministerium arbeitet an einer Änderung der Straßenverkehrs-Ordnung, um die Abgasbelastung zu senken. Ziel bleibe aber die Vermeidung von Fahrverboten.

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Die Feinstaubbelastung in 70 deutschen Städten liegt noch immer über den EU-Grenzwerten. Quelle: dpa

Berlin Die Bundesregierung erwägt bei einer zu hohen Abgasbelastung Fahrverbote auf bestimmten Strecken. Das Verkehrsministerium plant dazu eine Änderung der Straßenverkehrs-Ordnung, wie aus einer Reuters vorliegenden Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Norbert Barthle an den Grünen-Abgeordneten Matthias Gastel hervorgeht. Dort heißt es: „Es soll eine neue Rechtsgrundlage zur Anordnung von streckenbezogenen Verkehrsverboten oder -beschränkungen zum Schutz der menschlichen Gesundheit vor Feinstaub oder Abgasen (Stickstoffdioxid) in der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) geschaffen werden ...“. Einer Ministeriums-Sprecherin zufolge ist es aber weiterhin das Ziel, Fahrverbote zu vermeiden.

Damit wären künftig erstmals im Straßenverkehrsrecht „streckenbezogene gefahrenabwehrrechtliche Maßnahmen zum Schutz vor Feinstaub“ möglich, heißt es in Barthles Antwort, aus der am Samstag zuerst die „Rheinische Post“ zitiert hatte. Diese Maßnahmen könnten unabhängig vom Vorliegen eines Luftreinhalteplans angeordnet werden. Die Regelungen könnten bereits Eingang in die nächste StVO-Novelle finden, die gerade erarbeitet werde und noch in diesem Jahr abgeschlossen werden solle.

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig will am Dienstag darüber entscheiden, ob Fahrverbote für Dieselfahrer wegen der hohen Stickoxid-Belastung in Ballungsräumen generell zulässig sind. Eine Kernfrage dabei ist, ob Fahrverbote ohne eine bundeseinheitliche Regelung möglich sind. Die Luftbelastung nimmt in Deutschland zwar ab, sie liegt aber in 70 Städten noch immer über den EU-Grenzwerten.

Die Ministeriums-Sprecherin sagte, um Fahrverbote zu vermeiden, hätten Bund, Länder und Kommunen ein „Sofortprogramm Saubere Luft“ in Milliardenhöhe auf den Weg gebracht. Die geschäftsführende Regierung habe in einem Schreiben an die EU-Kommission darüber hinaus zusätzliche Maßnahmen angekündigt. Kommunen und Ländern sollten so weitere Werkzeuge an die Hand bekommen, um die Stickoxidgrenzwerte in den besonders belasteten Städten so schnell wie möglich zu erreichen. „Dazu gehören auch Regelungen für eine gezielte Verkehrslenkung“, sagte die Sprecherin. In dem Brief heiße es etwa, dass die Regierung falls nötig die Städte unterstützen werde, „wirkungsvolle Verkehrsvorschriften auf bestimmten Straßen einzuführen“, um die Luftverschmutzung zu reduzieren. „Dazu gehört auch den Rechtsrahmen so zu präzisieren, dass dies nach einheitlichen Kriterien streckenbezogen in hochbelasteten Straßen geschehen kann.“

Der Grünen-Abgeordnete Gastel sagte, die Bundesregierung scheine Fahrverbote inzwischen für unvermeidlich zu halten und gestehe damit ihr eigenes Versagen in Sachen Luftreinhaltung ein. „Es ist zwar gut, Rechtssicherheit zu schaffen, aber es droht ein Flickenteppich unterschiedlichster Regelungen, weil die Bundesregierung die Verantwortung auf Städte und Kommunen abwälzt.“ Für eine bundesweit einheitliche Regelung sei eine Blaue Plakette notwendig. Bei dieser würde nur neueren Diesel-Pkw mit geringeren Emissionen die Einfahrt erlaubt. Gastel forderte zudem, die technische Nachrüstung schmutziger Dieselfahrzeuge voranzutreiben.

FDP-Verkehrsexperte Oliver Luksic bezeichnete die Pläne der Regierung als „kalte Enteignung von Millionen Autofahrern“. Zudem seien sie das Eingeständnis von Union und SPD, beim Diesel-Skandal versagt zu haben. Viele Menschen hätten in gutem Glauben Diesel-Autos gekauft. Nun verlören ihre Fahrzeuge weiter an Wert und könnten in vielen Großstädten nicht mehr genutzt werden. An einer Nachrüstung von Diesel-Autos auf Kosten der Autobauer führe kein Weg vorbei, sagte Luksic.

Der ökologische Verkehrsclub VCD erklärte, die anstehende Gerichtsentscheidung scheine bereits politische Wirkung zu erzielen. Eine Regelung in der StVO zu schaffen, sei zwar positiv, kleinräumige Fahrverbote verlagerten das Problem aber nur. Die Bundesregierung müsse die Blaue Plakette einführen.

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