Umweltministerkonferenz Wird sich ein Autobahn-Tempolimit durchsetzen?

Um Ressourcen zu sparen, stimmten die Umweltminister der Länder für ein Tempolimit auf Autobahnen. Quelle: imago images

Auch angesichts des Krieges sprechen sich die Umweltminister von Bund und Ländern für einen schnelleren Ausbau der erneuerbaren Energien und weniger Ressourcenverschwendung aus. Auch ein Tempolimit auf Autobahnen befürworten sie, doch das ist umstritten.

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Mehr Tempo beim Ausbau der erneuerbaren Energien und ein schonenderer Umgang mit Ressourcen - darauf haben sich die Umweltminister von Bund und Ländern auch angesichts des Krieges in der Ukraine bei ihrem zweitägigen Treffen in Wilhelmshaven verständigt. Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) kündigte an, den Einsatz von Biosprit aus angebauten Pflanzen per Gesetzesänderung zu begrenzen. Dazu wolle sie „zeitnah“ einen Vorschlag vorlegen.

Lemke sagte, der Krieg in der Ukraine zeige die Verletzlichkeit bei der Versorgung mit Lebensmitteln und Rohstoffen. „Agrokraftstoffe aus Nahrungs- und Futtermitteln können in einer Zeit, in der uns eine der schlimmsten globalen Hungerkrisen droht, kein Lösungsweg mehr sein.“ Die Äcker würden weltweit benötigt, um Nahrung zu produzieren, sagte Lemke. „Deshalb müssen wir den Einsatz von Agrokraftstoffen aus Nahrungs- und Futtermittelpflanzen herunterfahren.“

Dafür sprachen sich auch die Umweltminister der Länder in einem Beschluss aus. „Wir wollen Teller statt Tank“, sagte der Vorsitzende der Umweltministerkonferenz, Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies (SPD). Allein in Deutschland würden 2,4 Millionen Tonnen Futter- und Lebensmittel eingesetzt, um Bioethanol als Kraftstoffbeimischung zu produzieren. „Ich glaube, dass es klüger wäre, wenn wir die Flächen nutzen, um Lebensmittel anzubauen“, sagte Lies. Niedersachsen hat in diesem Jahr den Vorsitz der Umweltministerkonferenz.

Um Ressourcen zu sparen, stimmten die Länderminister zudem auch für ein Tempolimit auf Autobahnen. „Wir müssen Klimaschutz auch durch ein Tempolimit mit voranbringen“, sagte Lies. Zwar hätten Bayern und Nordrhein-Westfalen in einer Protokollnotiz vermerkt, dass sie die Wirkung eines Tempolimits für begrenzt hielten und dieses „aus Gründen der Verhältnismäßigkeit“ nicht mittrügen. Der Beschluss, der auch weitere Punkte zum Klimaschutz und zu den Auswirkungen des Krieges in der Ukraine enthält, sei aber einstimmig auch mit den Stimmen dieser beiden Bundesländer gefasst worden, sagte Lies.

Eine Höhe des geforderten Tempolimits wurde im Beschluss nicht genannt. Lies favorisiert Tempo 130. Thüringens Umweltministerin Anja Siegesmund (Grüne) sagte, das Tempolimit sei eine „schnelle, effektive Maßnahme, um viele Millionen Liter Sprit und Tonnen CO2 im Jahr einzusparen“. Es helfe dem Klimaschutz und mache unabhängiger von Ölimporten.

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Der Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB) lehnte den Beschluss ab. „Wenn die Umweltminister Biokraftstoffe weiter deckeln wollen, müssen sie auch sagen, wie sie die Klimaziele erreichen wollen“, sagte Geschäftsführer Elmar Baumann. Die Deutsche Umwelthilfe begrüßte dagegen die Vorstöße der Konferenz. Ein Tempolimit sei richtig, sagte Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Der Entlastungseffekt sei eindrucksvoll.

Um den Ausbau der erneuerbaren Energien, insbesondere der Windkraft, zu beschleunigen, forderten die Landesminister die Bundesregierung auf, gesetzliche Standards für artenschutzrechtliche Prüfungen zu treffen. Dadurch werde Rechtssicherheit geschaffen und Vorgänge in der Verwaltung würden vereinfacht, sagte Lies.

Der Minister betonte, dass es neben schnelleren Verfahren auch ausreichend Mittel und Fachkräfte für die Energiewende brauche. Eine gemeinsame Arbeitsgruppe von Bund und Ländern sei zu dem Schluss gekommen, dass es 3500 Stellen in Deutschland zusätzlich brauche, um die gesteckten Klimaschutzziele zu erreichen. Zudem brauche es 2,3 Milliarden Euro pro Jahr mehr für den Naturschutz und die Klimafolgenanpassung.

Bundesumweltministerin Lemke betonte, dass beim Ausbau der erneuerbaren Energien und des Klimaschutzes der Artenschutz nicht außer Acht gelassen werden dürfe. Deshalb wolle der Bund in den nächsten Jahren ein Artenhilfsprogramm für den Naturschutz in Höhe von 82 Millionen Euro bereit stellen. „Das heißt, dort wo der Windkraftausbau negative Auswirkungen hat, werden wir mit dem Artenhilfsprogramm diese Auswirkungen abfedern“, sagte Lemke.

In Wilhelmshaven fand die Umweltministerkonferenz von Bund und Ländern zum ersten Mal seit zwei Jahren Pandemie wieder in Präsenz statt. Die Konferenz war auch von mehreren Kundgebungen und Demonstrationen begleitet worden - unmittelbar vor dem Tagungshotel hatten mehrere Umweltschutzgruppen ein Klimacamp errichtet.

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Erst in der vergangenen Woche waren in der Hafenstadt die Bauarbeiten für ein Importterminal für Flüssigerdgas (LNG) gestartet. Die Umweltminister hätten sich dazu bekannt, dass dies notwendig sei, um unabhängiger von russischen Energielieferungen zu werden, sagte Konferenz-Vorsitzender Lies. Solche Terminals dürften aber nur eine „Brücke“ sein.

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