Umweltschutz Ein Klimakabinett macht noch keine Klimawende

Klimaschutz: Bundesregierung will Klimakabinett einrichten Quelle: dpa

Heute werden wieder tausende Schüler für den Umweltschutz auf die Straße gehen. Und die Bundesregierung? Gelobt per Klimakabinett baldige Besserung. Dabei ist mit solchen Pseudo-Offensiven noch nichts gewonnen.

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Wenn Selbstverständliches zur großen Neuigkeit aufgepumpt wird, sollte man hellhörig werden. Besonders in der Politik. Donnerstagabend war so ein Fall: „Die Bundesregierung wird ein Klimakabinett bilden, um die rechtlich verbindliche Umsetzung der Klimaschutzziele für das Jahr 2030 vorzubereiten“, ließ die Bundesregierung nach dem Koalitionsausschuss verbreiten. „Wie im Koalitionsvertrag vereinbart, werden wir in diesem Jahr die gesetzlichen Regelungen verabschieden.“

Hört, hört. Die große Koalition möchte also, wie bereits im Koalitionsvertrag beschlossen, ein Klimaschutzgesetz beschließen. Den dafür nötigen Konsens sollen die beteiligten Ministerinnen und Minister durch enge Zusammenarbeit und regen Austausch herbeiführen. Man ist sich einig, sich im Regierungsalltag einigen zu wollen. Eine Sensation.

Das schöne Wort vom „Klimakabinett“, in dem alle relevanten Ressorts von Wirtschaft über Bau und Verkehr bis Landwirtschaft zusammenkommen sollen, kann trotzdem nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Regierung in Sachen Klimaschutz bislang in erster Linie Unterlassungserklärungen abgegeben hat.

Eine Wärmewende im Bausektor? Die dafür vorgesehen Kommission wurde von Horst Seehofer nicht mal eingerichtet.

Weniger Emissionen im Verkehr? Der zuständige Minister Andreas Scheuer weiß nur, was er alles nicht will, vom Tempolimit bis zu teurerem Sprit. Sonst glänzt er durch – Sprachlosigkeit.

Und der Energieminister Peter Altmaier? Hat immerhin als einziger einen Kohleausstiegskompromiss auf der Habenseite – allerdings klebt daran ein astronomisches Preisschild von 40 (oder mehr) Milliarden Euro.

Es ist ja richtig, dass das Klimaschutzgesetz von Umweltministerin Svenja Schulze, welches alle künftigen Anstrengungen bündeln soll, den Geist der Planwirtschaft umweht. Wie einige ihrer Kollegen allerdings so zu tun, also käme Umweltschutz schon irgendwie und irgendwann von ganz allein, ist auch unredlich. Und einer verantwortungsbewussten Regierung unwürdig.

Diesen Freitag werden wieder im ganzen Land Schüler auf die Straße gehen, um für mehr Klimaschutz zu protestieren. Ihnen mit einem Klimakabinett vorgaukeln zu wollen, nun käme endlich ökologischer Zug in die Hauptstadt, ist ein bisschen billig.

Keiner der politisch-ökonomischen Konflikte ist damit auch nur annähernd gelöst. Es gibt keine Gewähr, dass der Netzausbau zur Durchleitung Erneuerbarer Energien schneller vorangeht. Keine Versicherung gegen teurere Strompreise. Es gibt keinen Plan für energiesparende Gebäude oder eine echte CO2-Wende im Verkehr.

Erst recht wagt sich niemand an die große Lösung: die flächendeckende Bepreisung von Emissionen. Sei es per Ausweitung des Emissionshandels, sei es per Steuer, sei es in einer Kombination von beidem. Die Modelle liegen vor. Unsere Nachbarn praktizieren es bereits. Hier aber traut sich keiner.

Was Berlin gerade dringend nötig hätte, wäre politische Führung. Es gab, nur nebenbei gesagt, mal eine deutsche Regierungschefin, die den Ehrentitel Klimakanzlerin führte. Lang nichts mehr von ihr gehört.

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