Umweltschutzpionier Friedrich Schmidt-Bleek "Digitalisierung führt zu noch mehr Umweltzerstörung"

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Ungebremster Verbrauch natürlicher Ressourcen

Vor dem ungebremsten Verbrauch natürlicher Ressourcen warnte der Club of Rome schon vor über 40 Jahren. Das Argument der Ökonomen ist dagegen: Wenn es wirklich knapp wird mit den Ressourcen, warnen uns die steigenden Preise rechtzeitig. Und dann wird uns schon etwas einfallen, sie zu ersetzen.  „Die Steinzeit ist nicht aus Mangel an Steinen zu Ende gegangen“, sagte mal ein saudischer Öl-Minister.

Ökonomen und Politiker beruhigen uns heute immer noch mit demselben Argument wie in den 1970er Jahren: dass die Techniker und Chemiker schließlich alles ersetzen könnten. Wenn Sie die Frage nach den Lebensgrundlagen außer Acht lassen, ist das zutreffend. Ich bin Chemiker, geben Sie mir Zeit, Geld und Energie und ich kann Ihnen aus jedem Dreck was Essbares machen. Aber man kann die Frage nach den Lebensgrundlagen eben nicht außer Acht lassen.

Auf einer Erde mit bald acht Milliarden Menschen machen wir mit unserer fantastischen Technik und Wirtschaftsweise unsere ökologischen Lebensgrundlagen schwächer und schwächer, zerstören das, von dem wir selbst mit Haut und Haaren abhängen.

Aus diesen Gründen schwitzt die Erde

Technik kann das ökologische System nicht nachbauen. Es ist für immer verloren. Wir sind auf einer Einbahnstraße in den Abgrund. Das kann noch 50, 100 oder vielleicht 300 Jahre gehen. Aber irgendwann ist Schluss. Trotzdem hat das in der Öffentlichkeit keine Priorität. Auch nicht für die Kirchen. Ich saß mit Präses Nikolaus Schneider im Zukunftsrat von Nordrhein-Westfalen. Er hatte überhaupt kein Interesse an Nachhaltigkeit. Schulunterricht für Mädchen in Afghanistan schien ihm wichtiger als die Bewahrung der Schöpfung. Immerhin scheint Papst Franziskus die Bedeutung von Nachhaltigkeit besser verstanden zu haben.

Wenn wir schon bei der Religion sind. Sie nennen Ihr Buch sicher nicht zufällig „Die 10 Gebote der Ökologie“. Die ursprünglichen Zehn Gebote kommen – sofern man der Bibel glaubt – direkt von Gott. Brauchen Gesellschaften möglicherweise eine über ihnen stehende transzendente Autorität, die sie zur Einhaltung des rechten Maßes im Umgang mit der Natur verpflichtet?

Wenn es eine glaubhafte, machtvolle religiöse Instanz gäbe, die das Richtige – wir reden jetzt nur von der Ökologie – wollte, dann wäre das sicher für das Überleben der Menschheit wichtig. Ich will den Gedanken an die Menschen bringen: Leute, es gibt nicht nur zehn Gebote für das Wohlverhalten der Menschen untereinander – so wichtig das ist. Für das Überleben der Menschheit ist das nur ein Teilaspekt. Ohne die enorme Vielfalt der Tiere, Pflanzen und geologischen Verhältnisse wären wir Menschen gar nicht da.

Dieses natürliche Gewebe hat uns als Art hervorgebracht und wir können nicht ohne es überleben. Die Einhaltung der 10 Gebote, die Moses am Berg Sinai empfing, schützt nicht vor dem ökologischen Tod der Menschheit. Wir müssen den Rest der Welt erhalten. In unserem eigenen Interesse. 

Auch unser Grundgesetz - eine wunderbare und hervorragende Verfassung - bezieht sich nur auf die „Würde des Menschen“. Es gibt auch eine Würde des Lebens. Die Demokratie – Gott erhalte sie uns – ist auf Bedingungen  gegründet, die mit den heutigen Problemen der Ressourcenzerstörung nichts mehr zu tun haben. Die Politik ist vor allem mit der Sicherung des Friedens befasst. Das ist sehr wichtig. Aber es gibt Fragen, die noch größer sind.

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