Union, FDP und Grüne Deutsche Politiker zeigen sich offen für Militärschlag in Syrien

Der türkische Präsident warnt vor Konsequenzen einer syrischen Offensive in Idlib. Hierzulande denken indes mehr Politiker über eine deutsche Beteiligung an Vergeltungsschlägen in Syrien nach.

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Ein syrischer Militärangehöriger nahe Idlib Quelle: AP

Berlin/Ankara Politiker aus Regierungskoalition und Opposition zeigen sich grundsätzlich offen für eine deutsche Beteiligung an einem etwaigen Vergeltungsschlag in Syrien. Für den Fall eines Giftgasangriffs der syrischen Armee auf die Rebellen-Enklave Idlib schlossen Vertreter von CDU, CSU, FDP und Grünen einen solchen Schritt nicht aus.

Deutschland solle sich in dieser Frage nicht verschließen, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen, den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Die Bundeswehr sollte prinzipiell bereit sein, „sich an Aufklärungsflügen, Schadensanalysen nach Kampfeinsätzen und an Kampfeinsätzen zu beteiligen“, betonte der CDU-Politiker. Manchmal liege „auch in der Vergeltung eines Giftgasangriffes eine Abschreckung für weitere Einsätze von Chemiewaffen“.

Der CSU-Bundestagsabgeordnete Christian Schmidt sagte „Bild“: „Deutschland muss bereit sein, sich an internationalen – auch militärischen – Aktionen zu beteiligen, die ein Blutbad in der nordsyrischen Region Idlib verhindern werden.“

Der FDP-Außenexperte Bijan Djir-Sarai unterstrich, bei einem Giftgaseinsatz dürfe die internationale Gemeinschaft nicht tatenlos zusehen. „Uns Freien Demokraten ist es wichtig, dass der Deutsche Bundestag befragt wird, bevor die Bundeswehr als Parlamentsarmee in einen möglichen Einsatz geschickt wird“, sagte er demselben Blatt.

Die Grünen-Europapolitikerin Franziska Brantner äußerte ebenfalls in „Bild“: „Das Ziel muss sein, die Menschen in Idlib zu schützen. Daraufhin müssen alle Optionen überprüft werden.“

Die Bundesregierung hatte am Montag eine Beteiligung an einem Militärschlag im Falle eines syrischen Giftgasangriffs offengelassen. „Bild“ hatte zuvor berichtet, das Verteidigungsministerium lasse prüfen, wie sich die Bundeswehr bei möglichen militärischen Vergeltungen gegen die Armee des syrischen Machthabers Baschar al-Assad einbringen könne. Das Ministerium erwäge, sich künftig an der Allianz von USA, Großbritannien und Frankreich zu beteiligen. Anlass für die Prüfung sei eine Anfrage der USA ans Kanzleramt.

Dagegen machte SPD-Chefin Andrea Nahles zu Wochenbeginn deutlich: „Die SPD wird weder in der Regierung noch im Parlament einer Beteiligung Deutschlands am Krieg in Syrien zustimmen.“

Erdogan warnt Weltgemeinschaft vor syrischer Offensive auf Idlib

Indes rief der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan angesichts der erwarteten Offensive auf Idlib die internationale Gemeinschaft zum Handeln auf. Andernfalls werde „die ganze Welt den Preis dafür zahlen müssen“, mahnte Erdogan in einem am Dienstag veröffentlichten Beitrag für die Zeitung „Wall Street Journal“.

Ein syrischer Großangriff auf Idlib berge Sicherheitsrisiken für die Türkei, Europa und darüber hinaus, betonte er. Russland und der Iran hätten die Verantwortung, die humanitäre Katastrophe in der Region zu beenden.

Die USA hatten zuvor mit einem schärferen Vorgehen gedroht, sollte die Einheiten von Machthaber Baschar al-Assad erneut Chemiewaffen einsetzen. Darauf hätten sich die USA bereits mit ihren Verbündeten Großbritannien und Frankreich verständigt, sagte der nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Donald Trump, John Bolton, am Montag. "Wir haben in den vergangenen Tagen bereits versucht, diese Nachricht zu übermitteln: Bei einem dritten Einsatz von Chemiewaffen wird die Antwort sehr viel härter ausfallen", sagte Bolton, ohne dies näher auszuführen.

Aus US-Regierungskreisen war in den vergangenen Tagen verlautet, es lägen Beweise vor, dass die syrische Armee im Zuge des Angriffs auf die letzte Rebellen-Enklave Idlib im Nordwesten des Landes den Einsatz von Chemiewaffen vorbereite.

Am Wochenende hatten syrische und russische Kampfjets bereits umfangreiche Angriffe auf Rebellenstellungen in Idlib geflogen. Die Provinz an der Grenze zur Türkei ist das letzte große zusammenhängende Gebiet der Aufständischen. In Idlib leben knapp drei Millionen Menschen. UN-Angaben zufolge sind dort über 30.000 Menschen auf der Flucht.

Am Freitag waren Bemühungen der Türkei bei einem Gipfeltreffen mit Russland und Iran gescheitert, einen Waffenstillstand für Idlib zu vereinbaren.

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