Union kritisiert Hendricks Klimaschutzplan? „Gefahr für Wirtschaft und Wohlstand“

Der Bundestag hat das Pariser Klimaabkommen ratifiziert – die Erderwärmung soll begrenzt werden. Doch die Union ist mit der Umsetzung des Klimaschutzplans 2050 nicht einverstanden – und legt einen eigenen Entwurf vor.

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Der Streit um die Umsetzung des Klimaschutzplans 2050 ist in vollem Gange. Quelle: dpa

Berlin Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) steht unter Druck. Bis zum nächsten internationalen Klimagipfel vom 7. bis 18. November in Marokko sollte der in ihrem Haus entwickelte Klimaschutzplan 2050 vom Bundeskabinett verabschiedet werden. Bislang jedoch entzweit der vorliegende Entwurf die Koalitionsfraktionen. Die Union hat jetzt noch einmal nachgelegt und stellt klar, dass sie dem bislang vorliegenden Entwurf nicht zustimmen kann. Der Entwurf stellt „eine Gefahr für Wirtschaft, Wohlstand und sozialen Zusammenhalt in unserem Land dar“, heißt es in einem Papier „Bausteine unserer Klimaschutzpolitik“, das per E-Mail bereits am 7. Oktober an den Chef des Bundeskanzleramts, Peter Altmaier, übermittelt worden war.

Der Klimaschutzplan befindet sich derzeit in der Ressortabstimmung. Der ursprüngliche Entwurf von Hendricks wurde bereits nach Gesprächen mit dem Wirtschaftsministerium und dem Kanzleramt stark abgeschwächt, bevor die Ressortabstimmung überhaupt eingeleitet werden konnte.

Das siebenseitige Papier der Union, das dem Handelsblatt vorliegt und von den stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Georg Nüßlein, Gitta Connemann, Michael Fuchs und Arnold Vaatz sowie der umwelt- und baupolitischen Sprecherin, Marie-Luise Dött, formuliert wurde, liest sich vernichtend. Der Entwurf sei einseitig auf wenige Klimaschutztechnologien zugeschnitten, sozial unausgewogen und innovations- und wachstumsfeindlich, so der Vorwurf. In zehn Punkten legen die Abgeordneten ihre eigenen „Grundsätze unserer Klimaschutzpolitik vor“ und fordern Altmaier auf, „ihre Stellungnahme und unsere grundsätzlichen Vorbehalte zu berücksichtigen und diese im weiteren Verlauf einzubringen“.

Klimaschutzpolitik diene vorrangig einem ökologischen Ziel, habe aber zwangsläufig erhebliche wirtschaftliche und soziale Auswirkungen, heißt es beispielsweise unter Punkt 1. „Beschäftigte und Unternehmen erwarten von uns, dass wir dies klar im Blick haben.“ Für die Akzeptanz des Klimaschutzes sei entscheidend, dass die Auswirkungen auf die Lebenshaltungskosten begrenzt blieben: „Wohnen, Ernährung und Mobilität müssen bezahlbar bleiben.“ Jede klimapolitische Maßnahme müsse deswegen daraufhin überprüft werden, ob sie mit ihren Auswirkungen diesem Zielbündel gerecht werde. Zudem müsse eine klare Priorisierung klimaschutzpolitischer Maßnahmen vorgenommen werden, um wirtschaftliche und soziale Überforderungen und damit klimaschutzpolitische Misserfolge zu verhindern.


Nicht weniger, sondern besser

Die Union wirft SPD-Ministerin Hendricks vor, sie setze einseitig auf staatliche Vorgaben, auf Reglementierung und Dirigismus statt auf Markt und Wettbewerb. „Nur das wettbewerbliche Ringen um die effizientesten Lösungen macht Klimaschutz angesichts der Tragweite der Veränderungen für Gesellschaft und Volkswirtschaft realisierbar und bezahlbar“, heißt es unter Punkt 2.

Ebenso notwendig sei ein politischer Rahmen, der „technologieoffen und innovationstreibend ist“. Wer zum Beispiel umfassend Emissionen im Verkehr reduzieren wolle, müsse zum einen alle technologischen Chancen durch eine Kombination aus der Effizienzsteigerung der Fahrzeuge und dem Einsatz treibhausgas-neutraler Energie nutzen – also elektrische Antriebe, Hybridmotoren, Plug-in-Hybride, Brennstoffzellenantriebe oder auch mit klimafreundlichen Kraftstoffen betriebene hocheffiziente Verbrennungsmotoren sowie Leichtbauweisen.

Das Ziel einer weitgehenden Treibhausgasneutralität verlange einen so tiefgreifenden Wandel, dass heute kein technologischer Ansatz ausgeschlossen werden dürfe. Hierzu zählt die Union auch die Bereiche Energiespeicherforschung, Bio-Tech, Gentechnik, Kohlenstoff als Wertstoff oder Geo-Engineering. Klimaschutz in der Perspektive 2050 sei heute vor allem eine Herausforderung für Wissenschaft und Forschung.

Weitere Unionsforderungen richten sich auf eine sorgfältige Kosten-Nutzen-Analyse aller Klimaschutzmaßnahmen und ein enges Zusammenspiel zwischen nationalen und europäischen Klimazielen. „Wir lehnen nationale Zielverschärfungen, die nicht von europäischen Zielen gedeckt werden, sowie eine Schwächung der europäischen Klimapolitik durch nationale Sonderwege ab“, heißt es in dem Papier.

In Unionskreisen heißt es, es gehe nicht um weniger, sondern um besseren Klimaschutz. Für sinnvoll hält die Fraktion einen breit angelegten so genannten Vier-Säulen-Prozess von Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Verbänden, um das Ideenpotenzial für Klimaschutz zu heben, inklusive einer ressortübergreifenden Geschäftsstelle im Bundeskanzleramt.

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