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Union Streit um das Wahlprogramm

Während die SPD Geschlossenheit demonstriert, streitet die Union heftigst über ihr Wahlprogramm. Klar ist vor allem, was nicht darin stehen soll.

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Unionsspitze: CDU-Chefin Angela Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer Quelle: Laif

Zugzwang? Zeitdruck? Kann die Union bei ihrem Wahlprogramm weiter trödeln, wo die SPD nun vorgeprescht ist? Peter Ramsauer kneift bei diesen Fragen die Augen zusammen. „Wir wissen einiges über die Eigendynamik von Wahlkämpfen“, sagt der erfahrene CSU-Landesgruppenchef, „erstens entscheiden sich die Wähler immer später, zweitens hat derjenige sein Pulver schnell verschossen, der sich zu früh positioniert.“

Mit Zaudern und Zoff habe das Lavieren von CDU und CSU überhaupt nichts zu tun, versichern Unions-Leute dieser Tage. Erst Ende Juni soll das gemeinsame Wahlprogramm stehen. Doch dass dies alleine taktischen Gründen geschuldet sei, ist nur die halbe Wahrheit.

Vielmehr zeigt die Union im Superwahljahr 2009 ein Bild der Zerrissenheit. Während die SPD ihr Wahlprogramm mit Pauken und Trompeten präsentiert hat und Einigkeit demonstriert, ringen die Spitzen von CDU und CSU in wichtigen Fragen nach wie vor um den richtigen Kurs.

Erst Urlaub, dann kämpfen

Dabei gerät die Union ins Schleudern. Als der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger jüngst über die Abschaffung des Solis sinnierte, wurde er prompt von CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla zurückgepfiffen. Während der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers seiner Partei einen sozialeren Kurs verordnen will, fürchten Politiker des liberalen Wirtschaftsflügels, ihre Positionen könnten unter den Tisch fallen. So profiliert sich nur, wie üblich, die CSU auf Kosten der CDU. Obendrein liegen auch die Wirtschafts- und Sozialflügel der Schwesterparteien über Kreuz.

Zentrale Fragen sind noch offen:

Steuern: Die CSU drängt auf ihr Konzept für eine dreistufige 28-Milliarden-Euro-Entlastung. Der hessische Ministerpräsident Roland Koch hält dagegen, verbindliche Zahlen seien in Krisenzeiten unseriös.Gesundheitspolitik: Während die CSU den Fonds am liebsten abschaffen würde, hält Bundeskanzlerin Angela Merkel an „ihrem Baby“ fest. Klar ist nur: Die Kopfpauschale wird nicht wieder aufgegriffen. Das Konzept war schon 2005 von der SPD erfolgreich als „unsozial“ niedergemacht worden.Arbeitsmarkt: Die Union ist noch ratlos, wie dieses Kapitel des Wahlprogramms gefüllt werden soll. Fest steht nur, was dieses Mal nicht drinstehen darf: eine Lockerung des Kündigungsschutzes und die Forderung nach mehr betrieblichen Bündnissen für Arbeit. Gegen beide Lieblingsforderungen der Mittelstandspolitiker hat sich die Parteispitze entschieden. Die Union will die Gewerkschaften nicht verprellen. Nun sucht sie händeringend Formulierungen, die den liberalen Wirtschaftsflügel milde stimmen. Einige Mittelstandpolitiker maulen bereits, sie würden nicht richtig eingebunden.

Konrad-Adenauer-Haus: CDU-Zentrale in Berlin Quelle: Laif

Angela Merkel mag sich über manchen Streit zwar ärgern, gibt sich aber gelassen. In aktuellen Umfragen liegen ihr Herausforderer Frank-Walter Steinmeier und auch die SPD meilenweit zurück. Möglichst spät wollen die Strategen der Parteizentrale das Wahlprogramm präsentieren, den Wahlkampf kurz halten und ganz auf die Person der populären Kanzlerin setzen. Einen Richtungswahlkampf will die CDU vermeiden, zu viel Grundsätzliches würde aufgewühlt. Bloß nicht über Bierdeckel-Steuerreformen oder Kopfpauschalen reden, heißt es. Die SPD solle keinesfalls verbreiten können: Die CDU kümmert sich um Ordnungspolitik und Ideologie, wir um die Menschen.

„Die Union ist in einer komfortablen Situation“, meint Forsa-Chef Manfred Güllner. „Sie kann sagen, in ernsten Zeiten reden wir nicht über Wahlprogramme, sondern kümmern uns um die drängenden Probleme.“ Bis Ende Mai sollen die Eckpunkte des Unions-Konzeptes stehen. Im kleinen Kreis bereitet Merkel mit CSU-Chef Horst Seehofer, den Generalsekretären Pofalla und Alexander Dobrindt (CSU) sowie Fraktionschef Volker Kauder einen Entwurf vor, den die Parteipräsidien am 26. Juni absegnen sollen. Startet dann der Wahlkampf? „Ich rate allen, in der Sommerpause in Urlaub zu fahren“, witzelt CSUler Ramsauer, „das entkrampft und danach können wir uns mit viel Freude und Kraft wieder in die Politik stürzen.“

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