Untergrenzen für Pflegekräfte Spahns Vorgabe gefährdet die Versorgung

Pflegekräfte in Kliniken: Mindestzahl gefährdet Versorgung Quelle: dpa

Deutschlands Krankenhäuser sind bald verpflichtet, in pflegeintensiven Abteilungen eine Mindestzahl an Pflegekräften zu beschäftigen. Doch Experten warnen: Das könnte die Situation für Patienten massiv verschlechtern.

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Die von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) geplante Mindestzahl für Pflegerinnen und Pfleger im Krankenhaus dürfte eine teils schlechtere Versorgung für Patienten zur Folge haben. Ab 1. Januar 2019 gelten etwa in der Intensivmedizin und Kardiologie Personaluntergrenzen. Für je 2,5 Intensivpatienten muss dann tagsüber mindestens eine Fachkraft im Einsatz sein. Sonst müssen Betten oder Stationen gesperrt werden.

Der Chef des Deutschen Instituts für angewandte Pflegeforschung, Frank Weidner, kritisiert: „Patienten werden nicht sicherer versorgt, eher im Gegenteil.“ Nur etwa die Hälfte der Kliniken schaffe derzeit die Personalvorgabe. Überall fehlten Pflegekräfte. „Es kann gut sein, dass Stationen schließen.“ Das könne vorübergehend oder langfristig passieren.
Kliniken könnten vor einer Schließung von Stationen noch zu fragwürdigen Tricks greifen, erwartet die Vizepräsidentin des Deutschen Pflegerates, Irene Maier. Um Schließungen zu vermeiden, „werden dann Intensivpatienten vorzeitig auf allgemeine Stationen gebracht.“ Zudem könnten bei Engpässen Pflegerinnen und Pfleger aus anderen Bereichen kurzfristig in die Intensivpflege verlegt werden: „Diese Mitarbeiter sind dann nicht eingearbeitet.“ Krankenhäuser sind bedacht ihre Intensivstationen zu halten, weil sonst keine größeren Operationen mehr durchgeführt werden können.

Werde die Versorgung in einzelnen Häusern eingeschränkt, passiere das ohne Rücksicht darauf, ob eine Region gut oder schlecht versorgt sei, sagt Pflege-Vertreterin Maier voraus. „Der Abbau von Betten geschieht dann ohne Plan und nicht so, dass überall eine gute Versorgung aufrechterhalten bleibt.“

Spahn bringt eine Verordnung auf den Weg, die gewährleisten soll, dass in wichtigen Krankenhaus-Abteilungen künftig eine Mindestbesetzung mit Pflegekräften bereit steht. Dafür kommen zum 1. Januar 2019 verpflichtende Untergrenzen für Intensivstationen sowie Abteilungen für Kardiologie, Geriatrie und Unfallchirurgie. „Ein Mangel an Pflegekräften gefährdet Patienten“, sagte der CDU-Politiker. Das Ziel sei: „Wer zu wenig Pflegekräfte für zu viele Patienten hat, muss Betten abbauen.“

Kassen und Patientenvertreter fordern allerdings gezielte Schritte der Politik beim Abbau von Betten. Die zuständigen Minister müssten in überversorgten Regionen die Schließung von Kliniken angehen, in schlecht versorgten Gebieten allerdings nicht weiter abbauen. Vor einer solchen Entscheidung bisher allerdings alle Bundes- und Landesgesundheitsminister zurück.

In Deutschland fehlen in großem Maße Fachkräfte und Helfer in der Pflege. Allein in der Krankenpflege sind bundesweit rund 12 000 Stellen unbesetzt.

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