
Keine Frage, die Sprachwissenschaftler haben Recht, wenn sie den Vergleich von Betriebsräten mit Seuchen als verbalen Tiefschlag entlarven. Betriebsräte sind eine Besonderheit des deutschen Arbeits- und Wirtschaftsrechts. Von der Belegschaft gewählte Mitarbeiter vertreten auf Grundlage des Betriebsverfassungsgesetzes die Interessen der Arbeitnehmer gegenüber der lokalen Geschäftsleitung.
Zahlreiche Unternehmen scheuen aber den Aufwand und die Konflikte, die durch organisierte Arbeitnehmervertretungen entstehen. Mit allerlei Gestaltungen bei Rechtsform und Größe des Betriebs umgehen sie die Gesetze, um auf die Wahl von Betriebsräten zu verzichten. Solche Konflikte zwischen Management und Arbeitnehmern eskalieren besonders in Krisenzeiten.
Blitzkrieg gegen Supermärkte
Doch nicht nur die Schmähvokabel der betriebsratsverseuchten Mitarbeiter erhitzt die Gemüter. Durch Blitzaktionen gegen Supermärkte versuchen neuerdings auch die Gewerkschaften, Arbeitgeber mit fragwürdigen Mitteln unter Druck zu setzen. Wenn sogenannte Flashmobs Einzelhandelsfilialen stürmen und durch Bagatellkäufe die Kassen blockieren, hat das nichts mehr mit legalem Arbeitskampf zu tun.
Nachdem im vergangenen Jahr die „notleidenden Banken“ zum Unwort gekürt wurden, kam für 2009 wieder ein Begriff aus dem Finanzvokabular in die engere Wahl: Der Anglizismus „Bad Bank“ bezeichnet ein Institut, das wertlose Papiere von anderen Banken kauft und zu verwerten versucht. Zahlreiche Ökonomen forderten Bad Banks für eine Stabilisierung des Finanzsystems, nachdem sich unzählige Großinvestitionen internationaler Geldhäuser durch die Finanzkrise in Luft aufgelöst hatten.
„Wachstumsbeschleunigungsgesetz“ entlarvt die Allmachtsphantasien von Politikern
Die „Bad Bank“ wurde daher von Händlern und Analysten an der Börse Düsseldorf mit großem Abstand zum Unwort gewählt. Der Finanzplatz in der Rheinmetropole ermittelt in Anlehnung an die Unwort-Kür der Frankfurter Germanisten seit 2001 ein Börsen-Unwort des Jahres. Anders als die Finanzprofis lassen sich die Linguisten jedoch nicht vom Mehrheitsprinzip leiten, sondern begründen ihre Entscheidung qualitativ.
Andernfalls wäre das Sprachmonster „Wachstumsbeschleunigungsgesetz“ zum Unwort des Jahres 2009 geworden. Dies hatten jedenfalls die meisten Unwort-Einsender der Frankfurter Jury vorgeschlagen. Verständlich, denn der Begriff entlarvt die Allmachtsphantasien von Politikern, Wirtschaftswachstum quasi per Gesetz beschleunigen zu können. Ob die unter anderem verabschiedeten Mehrwertsteuerermäßigungen für Hotels und deren Gäste das tatsächlich möglich machen, bezweifeln die meisten Deutschen allerdings.