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Urteil zu Rüstungsexporten Geschlossenes Visier statt Transparenz

Das Bundesverfassungsgericht gesteht dem Parlament etwas mehr Wissen über Waffenexporte zu. Im Grunde aber gilt: Die Bundesregierung entscheidet allein nach ihrem außenpolitischen Kalkül.

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Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts Quelle: dpa

Die Bundesregierung muss die Bundestagsabgeordneten nun also ein bisschen mehr über Rüstungsexporte deutscher Unternehmen informieren. Doch das Bundesverfassungsgericht lässt in seinem Urteil keinen Zweifel, dass Genehmigungen für solche Deals aus seiner Sicht weiter voll in die Verantwortung der Exekutive gehören.

Damit kann die Regierung weiter ohne vorherige Kritik außenpolitische Ziele mit Rüstungsexporten verfolgen, die der Opposition nicht passen. Umstritten sind etwa Ausfuhren in Nahost-Staaten, die nicht demokratisch sind, die aber zum Beispiel gegen andere Staaten einstehen, die aus deutscher Sicht noch schlimmer sind.

Solches Kalkül hat in Deutschland Tradition. Lieber exportieren Bundesregierungen Waffen in Krisenregionen, in denen etwa Amerikaner oder Briten und Franzosen auch mit eigenen Soldaten im Einsatz sind, als militärisch selbst aktiv zu werden.

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Klagen gescheitert

In der deutschen Öffentlichkeit lassen sich Waffenlieferungen an undemokratische Staaten besser rechtfertigen als Kampfeinsätze etwa zu Gunsten der Kurden in Syrien und Irak. So unterstützte Deutschland zunächst Saudi-Arabien dabei, gegen dessen Feind Iran aufzurüsten. Nun gilt das Königreich auf einmal als möglicher Partner einer informellen Kriegskoalition gegen die Terrortruppe IS.

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Drei klagende Grünen-Bundestagsabgeordnete sind heute vor dem obersten Gericht mit ihrem Wunsch gescheitert, schon vor einem Rüstungsgeschäft ins Ausland über Details informiert zu werden und möglicherweise Einfluss zu nehmen. Die Abgeordneten Christian Ströbele, Claudia Roth und Katja Keul hatten gefordert, schon frühzeitig vor einer Exportgenehmigung mit einbezogen zu werden. Streit zwischen Abgeordneten und Regierung entzündete sich beispielsweise an der Lieferung von 200 Leopard-2-Kampfpanzern nach Saudi-Arabien.

Allgemeine Statistiken

Die Regierung muss grundsätzlich Abgeordneten auf eine entsprechende Anfrage hin mitteilen, dass sie ein bestimmtes Waffenexportgeschäft genehmigt oder nicht genehmigt hat, erklärten die Richter in Karlsruhe. Begründen müsse die Regierung ihre Entscheidung aber nicht.

Nach dem Grundgesetz entscheidet die Bundesregierung über die Ausfuhr von Waffen, Panzern oder U-Booten. Nach bisheriger Praxis legen die Bundesregierungen jährlich einen Rüstungsexportbericht mit allgemeinen Statistiken vor. Der wird seit neuestem durch einen Zwischenbericht alle sechs Monate ergänzt.

Die Große Koalition verpflichtete sich außerdem bei den Koalitionsverhandlungen, die Bundestags-Ausschüsse innerhalb von zwei Wochen über genehmigte Geschäfte zu unterrichten. Vorher bleiben anstehende Geschäfte geheim.

Rüstungsfirmen starten mit Voranfragen an die Regierung, um zu sondieren, wie die Chancen für ein bestimmtes Geschäft stehen. Mit einer Antwort des Bundessicherheitsrats, eines Kabinettsausschusses, in dem ein Teil der Minister zusammenkommt, ist dann die Entscheidung im Grundsatz gefallen.

Doch mehr Transparenz ist möglich. Großbritanniens Regierung liefert etwa für einzelne Waffengeschäfte politische Begründungen mit, Belgiens Regierung veröffentlicht, wer der genaue Empfänger von Kriegsgerät ist.

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