
Die Bundesregierung muss die Bundestagsabgeordneten nun also ein bisschen mehr über Rüstungsexporte deutscher Unternehmen informieren. Doch das Bundesverfassungsgericht lässt in seinem Urteil keinen Zweifel, dass Genehmigungen für solche Deals aus seiner Sicht weiter voll in die Verantwortung der Exekutive gehören.
Damit kann die Regierung weiter ohne vorherige Kritik außenpolitische Ziele mit Rüstungsexporten verfolgen, die der Opposition nicht passen. Umstritten sind etwa Ausfuhren in Nahost-Staaten, die nicht demokratisch sind, die aber zum Beispiel gegen andere Staaten einstehen, die aus deutscher Sicht noch schlimmer sind.
Solches Kalkül hat in Deutschland Tradition. Lieber exportieren Bundesregierungen Waffen in Krisenregionen, in denen etwa Amerikaner oder Briten und Franzosen auch mit eigenen Soldaten im Einsatz sind, als militärisch selbst aktiv zu werden.
Deutschlands Rüstungsexporte: Vergleich der ersten Halbjahre 2013 und 2014
Die Bundesregierung legt in ihrem Zwischenbericht über die Rüstungsexporte im ersten Halbjahr 2014 Zahlen zu Genehmigungsentscheidungen für Rüstungsgüter vor. Die Daten ermöglichen auch den Vergleich zum ersten Halbjahr des Vorjahres.
Quelle: Bericht der Bundesregierung über ihre Exportpolitik für konventionelle Rüstungsgüter im ersten Halbjahr 2014
Anzahl der Genehmigungen im 1. Hj 2013: 3.381
Anzahl der Genehmigungen im 1. Hj 2014: 2.350
Gesamtwert im 1. Hj. 2013: 761,320 Millionen Euro
Gesamtwert im 1. Hj. 2014: 400,070 Millionen Euro
Anzahl der Genehmigungen im 1. Hj 2013: 4.504
Anzahl der Genehmigungen im 1. Hj 2014: 2.148
Gesamtwert im 1. Hj. 2013: 676,664 Millionen Euro
Gesamtwert im 1. Hj. 2014: 412,568 Millionen Euro
(*und NATO-gleichgestellte Länder)
Anzahl der Genehmigungen im 1. Hj 2013: 2.163
Anzahl der Genehmigungen im 1. Hj 2014: 1.441
Gesamtwert im 1. Hj. 2013: 1,487 Milliarden Euro
Gesamtwert im 1. Hj. 2014: 1,417 Milliarden Euro
Anzahl der Genehmigungen im 1. Hj 2013: 10.048
Anzahl der Genehmigungen im 1. Hj 2014: 5.939
Gesamtwert im 1. Hj. 2013: 2,925 Milliarden Euro
Gesamtwert im 1. Hj. 2014: 2,229 Milliarden Euro
Klagen gescheitert
In der deutschen Öffentlichkeit lassen sich Waffenlieferungen an undemokratische Staaten besser rechtfertigen als Kampfeinsätze etwa zu Gunsten der Kurden in Syrien und Irak. So unterstützte Deutschland zunächst Saudi-Arabien dabei, gegen dessen Feind Iran aufzurüsten. Nun gilt das Königreich auf einmal als möglicher Partner einer informellen Kriegskoalition gegen die Terrortruppe IS.
Diese Länder bekommen Deutschlands Rüstungsgüter
Die Bundesregierung legt in ihrem Zwischenbericht über die Rüstungsexporte im ersten Halbjahr 2014 Zahlen zu Genehmigungsentscheidungen für Rüstungsgüter vor. Die Daten weisen unter anderem die wichtigsten Abnehmer deutscher Waffen- und Rüstungsgüter aus.
Diese Liste zeigt die zehn wichtigsten Bestimmungsländer für erteilte Einzelgenehmigungen im ersten Halbjahr 2014.
Quelle: Bericht der Bundesregierung über ihre Exportpolitik für konventionelle Rüstungsgüter im ersten Halbjahr 2014
Staat: Italien
Anzahl der Genehmigungen: 210
Wert im 1. Hj. 2014: 63,285 Millionen Euro
Art der Güter: Kommunikationsausrüstung, Navigationsausrüstung, Messausrüstung, Prüfausrüstung und Teile für elektronische Ausrüstung, Kommunikationsausrüstung, elektronische Kampfführung, Ortungsausrüstung, Baugruppen, Stromversorgungen (50,4 Prozent);
Luftbetankungsausrüstung und Teile für Kampfflugzeuge, Flugzeuge, Hubschrauber, unbemannte Luftfahrzeuge, Triebwerke, Bodengeräte, Fallschirme (16,0 Prozent);
Schiffskörperdurchführungen und Teile für U-Boote, Kampfschiffe, Unterwasserortungsgeräte (9 Prozent);
Munition für Granatpistolen, Granatmaschinenwaffen und Teile für Haubitzenmunition, Mörsermunition (6,8 Prozent)
Staat: Saudi-Arabien
Anzahl der Genehmigungen: 73
Wert im 1. Hj. 2014: 65, 911 Millionen Euro
Art der Güter: Flugkörper, Abfeuereinrichtungen, Funkzündmaschinen und Teile für Flugkörper, Bodengeräte für Flugkörper, Funkzündmaschinen (40,5 Prozent);
Ausrüstung für elektronische Kampfführung, Stromversorgungen und Teile für elektronische Ausrüstung, elektronische Kampfführung (39,4 Prozent);
Lkw und Teile für Panzer, gepanzerte Fahrzeuge, Flugabwehrsysteme, Lkw (7,4 Prozent)
Staat: Algerien
Anzahl der Genehmigungen: 9
Wert im 1. Hj. 2014: 71,801 Millionen Euro
Art der Güter: Fertigungsausrüstung für gepanzerte Fahrzeuge, Radargeräte und Teile für die Fertigungsausrüstung für gepanzerte Fahrzeuge (43,8 Prozent);
Lkw und Teile für Lkw (38,6 Prozent)
Staat: Kanada
Anzahl der Genehmigungen: 294
Wert im 1. Hj. 2014: 74,285 Millionen Euro
Art der Güter: Ortungsausrüstung und Teile für Ortungsausrüstung, elektronische Ausrüstung (71,9 Prozent);
Bergepanzer, Geländewagen und Teile für Panzer, gepanzerte Fahrzeuge, Geländewagen, Landfahrzeuge (11,8 Prozent)
Staat: Vereinigtes Königreich
Anzahl der Genehmigungen: 337
Wert im 1. Hj. 2014: 96,358 Millionen Euro
Art der Güter: Elektronische Ausrüstung, Kommunikationsausrüstung, Messausrüstung, Prüfausrüstung, Baugruppen, Bauelemente und Teile für elektronische Ausrüstung, Kommunikationsausrüstung, Ortungsausrüstung, Navigationsausrüstung, Messausrüstung, Prüfausrüstung, Baugruppen (36,6 Prozent);
Schleudersitze und Teile für Kampfflugzeuge, Kampfhubschrauber, Flugzeuge, Hubschrauber, Triebwerke, Luftbetankungsausrüstung, Bodengeräte (19,0 Prozent);
Munition für Gewehre, Maschinengewehre und Teile für Geschützmunition, Haubitzenmunition, Kanonenmunition, Mörsermunition, Werfermunition (16,9 Prozent);
Teile für U-Boote, Kampfschiffe, Schiffe und Unterwasserortungsgeräte (9,4 Prozent)
Staat: Brunei Darussalam
Anzahl der Genehmigungen: 7
Wert im 1. Hj. 2014: 97,173 Millionen Euro
Art der Güter: Patrouillenboot und Teile für Patrouillenboot (97,1 Prozent)
Staat: Republik Korea
Anzahl der Genehmigungen: 148
Wert im 1. Hj. 2014: 152,658 Millionen Euro
Art der Güter: Teile für Panzer, gepanzerte Fahrzeuge und Lkw (70,5 Prozent);
Schiffskörperdurchführungen und Teile für U-Boote, Fregatten, Minenräumer, U-Boot-Elektromotoren, Unterwasserortungsgeräte, Steuereinrichtungen für Ortungsgeräte (8,7 Prozent);
Flugkörper und Teile für Raketen, Flugkörper (7,9 Prozent)
Staat: Singapur
Anzahl der Genehmigungen: 74
Wert im 1. Hj. 2014: 207,574 Millionen Euro
Art der Güter: Kampfpanzer, Brückenlegepanzer, Lkw und Teile für Panzer, gepanzerte Fahrzeuge, amphibische Fahrzeuge, Lkw (97,1 Prozent)
Staat: USA
Wert im 1. Hj. 2014: 217,580 Millionen Euro
Anzahl der Genehmigungen: 751
Art der Güter: Maschinenpistolen, Gewehre, Pistolen, Waffenzielgeräte (44,3 Prozent);
Munition (19,0 Prozent);
Schmiedestücke, Gussstücke und unfertige Erzeugnisse (10,9 Prozent);
Abfeuereinrichtungen, Ausrüstung zum Räumen von Seeminen, Leuchtraketen, Simulatoren, Teile für Flugkörper, Handgranaten, Ausrüstung zum Räumen von Seeminen, Selbstschutzsysteme (5,8 Prozent);
Triebwerke, Bodengeräte und Teile für Kampfflugzeuge, Kampfhubschrauber, Flugzeuge, Hubschrauber, unbemannte Luftfahrzeuge, Triebwerke, Luftbetankungsausrüstung, Bodengeräte (5,5 Prozent)
Staat: Israel
Anzahl der Genehmigungen: 125
Wert im 1. Hj. 2014: 616,780 Millionen Euro
Art der Güter: U-Boot, Schiffskörperdurchführungen und Teile für U-Boote, Unterwasserortungsgeräte (97,5 Prozent)
Drei klagende Grünen-Bundestagsabgeordnete sind heute vor dem obersten Gericht mit ihrem Wunsch gescheitert, schon vor einem Rüstungsgeschäft ins Ausland über Details informiert zu werden und möglicherweise Einfluss zu nehmen. Die Abgeordneten Christian Ströbele, Claudia Roth und Katja Keul hatten gefordert, schon frühzeitig vor einer Exportgenehmigung mit einbezogen zu werden. Streit zwischen Abgeordneten und Regierung entzündete sich beispielsweise an der Lieferung von 200 Leopard-2-Kampfpanzern nach Saudi-Arabien.
Allgemeine Statistiken
Die Regierung muss grundsätzlich Abgeordneten auf eine entsprechende Anfrage hin mitteilen, dass sie ein bestimmtes Waffenexportgeschäft genehmigt oder nicht genehmigt hat, erklärten die Richter in Karlsruhe. Begründen müsse die Regierung ihre Entscheidung aber nicht.
Nach dem Grundgesetz entscheidet die Bundesregierung über die Ausfuhr von Waffen, Panzern oder U-Booten. Nach bisheriger Praxis legen die Bundesregierungen jährlich einen Rüstungsexportbericht mit allgemeinen Statistiken vor. Der wird seit neuestem durch einen Zwischenbericht alle sechs Monate ergänzt.
Die Große Koalition verpflichtete sich außerdem bei den Koalitionsverhandlungen, die Bundestags-Ausschüsse innerhalb von zwei Wochen über genehmigte Geschäfte zu unterrichten. Vorher bleiben anstehende Geschäfte geheim.
Rüstungsfirmen starten mit Voranfragen an die Regierung, um zu sondieren, wie die Chancen für ein bestimmtes Geschäft stehen. Mit einer Antwort des Bundessicherheitsrats, eines Kabinettsausschusses, in dem ein Teil der Minister zusammenkommt, ist dann die Entscheidung im Grundsatz gefallen.
Doch mehr Transparenz ist möglich. Großbritanniens Regierung liefert etwa für einzelne Waffengeschäfte politische Begründungen mit, Belgiens Regierung veröffentlicht, wer der genaue Empfänger von Kriegsgerät ist.