
Welche Telefonnummer solle er in Europa anwählen, fragte einst US-Außenminister Henry Kissinger angesichts der politischen Zersplitterung des alten Kontinents. Heute scheint die Sache etwas klarer. Bei seiner ersten Europa-Tour als neuer US-Finanzminister hat sich Jakob J. Lew in Berlin mit seinem Amtskollegen Wolfgang Schäuble in Berlin getroffen. Es war nicht nur ein erstes Abtasten, Lew ließ sich gleich Europa erklären, das nur von außen einigermaßen homogen aussieht, aber im Inneren durch höchst unterschiedliche Finanz- und Wirtschaftspolitiken zerrissen ist.





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Für den Amerikaner steht oben auf seiner Wunschliste: Bringt Eure Konjunktur in Europa wieder in Gang! Vor Journalisten räumte Lew am Dienstag ein, dass sich die amerikanische Wirtschaft noch nicht richtig entwickelt und vor allem der Arbeitsmarkt nicht in Schwung kommt. Deshalb sollten Länder, die es könnten – also Deutschland vor allem –, ihre Wirtschaft stärker ankurbeln.
Auf einem Ohr taub
Schäuble ist auf dem Konjunktur-Ohr jedoch ziemlich taub, insbesondere wenn der Preis eine weitere staatliche Verschuldung wäre. Der Bundesfinanzminister will dagegen zusammen mit den Amerikanern stärker gegen die Steueroasen dieser Welt vorgehen. Insbesondere die karibischen Inseln sind ihm dabei ein Dorn im Auge, die von einer gigantischen Steuerstundung der US-Regierung profitieren.
Seit Präsident Barack Obama den „Tax Holiday“ vor über vier Jahren verkündete, häufen US-Konzerne von Amazon über Google bis Starbucks hunderte Milliarden Dollar vor der Küste Floridas an – eine Art Kriegskasse zur Eroberung der Weltmärkte. Das verzerrt natürlich den Wettbewerb und fördert die globale Steuergestaltung zu Lasten auch des deutschen Fiskus.
Zumindest einigten sich Schäuble und Lew darauf, bei der Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds Mitte April weiter über das Problem der internationalen Steuergestaltung und –erosion zu sprechen. Dafür war das Treffen ein erster und dem Eindruck nach ein freundlicher Auftakt.