Verbände, Opposition, Wirtschaft Die Reaktionen auf das Milliarden-Konjunkturpaket

Bund und Länder legen im Kampf gegen die Folgen der Corona-Pandemie in den Jahren 2020 und 2021 ein Konjunkturpaket im Umfang von 130 Milliarden Euro auf. Ein Überblick über die Reaktionen aus Politik und Wirtschaft.

Der Chef der Wirtschaftsweisen, Lars Feld, hat sich „positiv überrascht“ vom Konjunkturpaket der Bundesregierung gezeigt. Er sei erleichtert, dass weder die Autoprämie für Verbrenner noch die Altschuldenhilfe für die Kommunen in dem Paket enthalten seien, sagte Feld der Düsseldorfer „Rheinischen Post“. „Besonders positiv ist die Erleichterung der steuerlichen Verlustrückträge für Unternehmen, wenngleich noch Detailfragen offen sind“, sagte der Vorsitzende des Wirtschafts-Sachverständigenrats der Bundesregierung. „Auch die degressive Abschreibung und das Optionsmodell für Personengesellschaften sind richtige Maßnahmen. Zudem war die Senkung der EEG-Umlage überfällig“, sagte Feld. Die temporäre Senkung der Mehrwertsteuer sei hingegen mit gewissen Unwägbarkeiten hinsichtlich ihrer konjunkturellen Wirkungen behaftet. „Auf den Konsum wirkt sie nur, wenn sie in den Preisen weitergegeben wird. Das ist nach den vorliegenden Erkenntnissen aus der Forschung nicht eindeutig zu erwarten“, warnte der Chef der Wirtschaftsweisen. Die Stärkung der Kommunen setze hingegen an der richtigen Stelle, nämlich bei den Kosten der Unterkunft an. „Die teilweise Übernahme der Gewerbesteuerausfälle setzt hingegen falsche Anreize: Die Kommunen werden nun jegliche Reformbereitschaft bei der Gewerbesteuer auf sehr lange Sicht aufgeben“, sagte Feld. Quelle: dpa
Das Corona-Hilfspaket enthält aus Sicht des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) viele richtige Impulse. Quelle: dpa
Ifo-Institut-Chef Clemens Fuest zeigte sich im Deutschlandfunk überrascht von der Entscheidung die Mehrwertsteuer zu senken. Quelle: Reuters
Der Präsident des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft, Mario Ohoven, sagte, gut seien Liquiditätshilfen für kleine und mittlere Firmen sowie steuerliche Erleichterungen für Investitionen. Quelle: dpa
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund begrüßte das Konjunkturpaket. Quelle: dpa
Automobilexperte Ferdinand Dudenhöffer lobte die Entscheidung gegen eine generelle Autokaufprämie. „Wir brauchen den Nachfrageschub und Autos sind dabei wichtig.“ Bei der Elektromobilität seien die 6000 Euro für die rein batterie-getriebenen Autos ein „sehr kräftiger Impuls“. Zwar könnte es sein, dass die Autobauer ihre heutigen Zuschüsse zu den Elektroautoprämien zurückfahren, „aber die Prämie gibt den Elektroautos kräftig Schub“, so Dudenhöffer. Auch die Mehrwertsteuersenkung bezeichnete der Professor als „eine gute Sache, die den deutschen Autobauer genauso wie den Importeuren nutzt“. Quelle: dpa
Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie bezeichnete das Paket der Bundesregierung als „gelungenen Aufschlag, um alle Branchen bei der Überwindung der Folgen der Coronakrise zu unterstützen“. Gerade jetzt müsse die Bundesregierung für eine schnelle Umsetzung von Infrastrukturprojekten sorgen, sagte Hauptgeschäftsführer Dieter Babiel. „Um Einbrüche zu vermeiden und Entlassungen zu verhindern, ist es essenziell, dass die öffentlichen Investitionen in unsere Infrastruktur auf Ebene von Bund, Ländern und Kommunen in voller Höhe erhalten bleiben und umgesetzt werden“, so Babiel. Quelle: Presse
Nach Ansicht der Umweltorganisation BUND hat die geplante Erhöhung der Kaufprämie für Autos mit Elektroantrieb noch zu große Schlupflöcher. Quelle: Presse
Der Sozialverband VdK hat den von der großen Koalition beschlossenen Familienbonus von 300 Euro pro Kind kritisiert. „Der Kinderbonus wird verbrennen wie ein Strohfeuer“, sagte Präsidentin Verena Bentele der „Rheinischen Post“. Viel zielgenauer wäre es, nur arme und bedürftige Familien zu unterstützen. „Wenn der Kinderbonus im Sparschwein oder im Aktienfonds landet, verpufft der Konjunkturimpuls. Und wer echte finanzielle Sorgen hat, dem helfen 300 Euro gar nichts.“ Quelle: imago images
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace nannte das Konjunkturprogramm insgesamt „bestenfalls blassgrün“ und die Aufstockung der Prämie auch für Hybrid-Fahrzeuge ökologisch unsinnig. Der Verbrennungsmotor sei aber der große Verlierer der Entscheidung, sagte Klimaexperte Tobias Austrup. „Dem technologischen Auslaufmodell ist die politische Unterstützung abhanden gekommen.“ Quelle: dpa
Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank bezeichnete das Konjunkturpaket als „besser als gedacht“. Quelle: REUTERS
Der Chefvolkswirt der Berenberg Bank, Holger Schmieding, sagte, das Paket werde die Konjunktur zu einer Zeit stützen, in der es wirklich nötig ist. „Über den reinen Inhalt hinaus zeigt es, dass die Regierung trotz vieler interner Diskussionen handlungsfähig ist. Das allein kann das Vertrauen in die Zukunft etwas stärken.“ Für Unternehmen sei besonders wichtig, dass die Koalition die Sozialversicherungsbeiträge bei 40 Prozent deckeln möchte. „Lohnnebenkosten sind ein wichtiger Faktor für Standort- und Investitionsentscheidungen von Unternehmen.“ Quelle: dpa
Grünen-Chefin Annalena Baerbock sieht im Konjunkturpaket der schwarz-roten Koalition eine „Lernkurve“ – fordert aber weitere Hilfen etwa für Hartz-IV-Empfänger. „Das Konjunkturpaket der Bundesregierung ist besser als befürchtet“, sagte Baerbock. So habe die Koalition von der „fatalen Abwrackprämie“, einer Kaufprämie auch für Diesel und Benziner, Abstand genommen. „Diese Lernkurve ist anzuerkennen.“ Entscheidend sei, ob aus den vielen Prüfaufträgen in dem Kompromiss von Union und SPD nun das Richtige gemacht werde, um die ökologische Modernisierung voranzutreiben. „Enttäuschend ist, dass die Bundesregierung bei den Armen und von der Krise am stärksten Gebeutelten offenbar trotz 130 Milliarden nichts übrig hat“, kritisierte die Grünen-Chefin. Eine Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze wäre dringend nötig gewesen, auch Solo-Selbstständige blieben außen vor. „Wer als freie Tontechnikerin oder Musiker lebt, dem nützen Betriebskostenzuschüsse nichts, weil schlicht das Einkommen zum Leben fehlt.“ Auf die Senkung der Mehrwertsteuer für das kommende halbe Jahr reagierte Baerbock zurückhaltend: Sie könne einen Konjunkturimpuls geben, sagte sie. Die „Kauf-vor-Ort-Gutscheine“, die die Grünen verlangt hatte“, wären aber zielgerichteter gewesen. „Eine Mehrwertsteuersenkung macht natürlich auch teure Benziner billiger, ganz egal welche Abgaswerte. Das ist nicht der Sinn der Übung.“ Quelle: dpa
Linken-Chef Bernd Riexinger hat das geplante Konjunkturpaket als „vertane Chance“ kritisiert. Quelle: dpa
FDP-Bundesfraktionsvize Michael Theurer sprach von „einigen guten, wichtigen Aspekten“, warf der Koalition aber insgesamt ein „wildes Sammelsurium an unausgegorenen, sehr teuren aber ineffizienten Vorschlägen“ vor. Quelle: dpa
Stephan Brandner, stellvertretender AfD-Bundessprecher kritisierte, das Paket der Bundesregierung sei viel zu kurz gegriffen. Die AfD fordere schon länger eine deutliche Senkung der Mehrwertsteuer – „also nicht um 2 Prozent für 6 Monate, sondern dauerhaft um 7 Prozent.“ Auch die Senkung der EEG-Umlage sei zwar richtig, „die Abschaffung wäre allerdings das richtige Zeichen“, so Brandner. Insgesamt seien die angekündigten Maßnahmen „unambitioniert, unausgegoren und langweilig“. Die geplante Senkung der Mehrwertsteuer für das zweite Halbjahr 2020 hatte am Donnerstagmorgen an der AfD-Spitze widersprüchliche Reaktionen hervorgerufen. Parteichef Jörg Meuthen nannte die Senkung auf Twitter „lachhaft“ und „blinder Aktionismus“. Die meisten Händler würden das nicht durch eine entsprechende Preissenkung weitergeben. Die stellvertretende AfD-Fraktionschefin Beatrix von Storch begrüßte die Ankündigung dagegen im ZDF-„Morgenmagazin“ als richtigen Schritt, über den man sich freue, das sei ein „Herzstück aus dem Grundsatzprogramm der AfD“. Es bleibe die Aufforderung, die Mehrwertsteuer dauerhaft und noch mehr zu senken. Quelle: dpa
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