Verbraucherschutz Verband moniert Vertrieb von Versicherungen

Die Verbraucherschützer kritisieren schwer erkennbare Zusatzkosten in den Verträgen. Ein Gesetz zum Versicherungsvertrieb kommt nächste Woche in den Bundestag. Ein Verband sieht darin eine einmalige Gelegenheit.

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Der vzbv sieht eine einmalige Gelegenheit, die Regeln für den Verkauf von Versicherungen nachzubessern. Quelle: dpa

Berlin Der Fall der Leipziger Eheleute wirft aus Sicht des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen (vzbv) ein Schlaglicht auf Missstände beim Vertrieb von Versicherungen. Im vergangenem Jahr nahm das Paar einen Kredit in Höhe von 38.401 Euro mit einer Laufzeit von acht Jahren auf. Dafür sollte es einen Effektivzins vom 7,97 Prozent zahlen.

Die Bank bot dem Paar eine an den Kredit gekoppelte Restschuldversicherung an. Diese greift, wenn wegen Arbeitslosigkeit oder Todesfall nicht mehr getilgt werden kann. Das Paar kreuzte das entsprechende Kästchen für die Restschuldversicherung im Kreditvertrag an. Als es aber die erste Tilgungsrate sah, war das Entsetzen groß: Die Versicherungskosten von 18.550 Euro trieben die Kosten für die Kreditzinsen auf 21,78 Prozent hoch.

Der vzbv sieht derzeit eine einmalige Gelegenheit, die Regeln für den Verkauf von Versicherungen nachzubessern, denn die Umsetzung der EU-Versicherungsrichtlinie (IDD) wird kommenden Donnerstag zum ersten Mal im Bundestag debattiert. Kern der Vorschriften, die spätestens im Februar in Kraft treten sollen, ist eine höhere Verantwortung der Versicherungsunternehmen für den Vertrieb ihrer Produkte. Die Bundesregierung sieht in dem Gesetzeswerk vor allem die Pflicht für eine bessere Beratung der Versicherungsnehmer und die klare Trennung von Provisionsvermittlung und Honorarberatung.

Der Verband der Versicherungswirtschaft (GDV) begrüßte den Gesetzentwurf als „wichtige Klarstellung“, forderte allerdings Ausnahmen bei der Trennung von Provisionsvermittlung und Honorarberatung. Der vzbv lobte dagegen das Unterscheiden der beiden Vermittlungsarten, fordert aber Nachbesserungen in Einzelfragen wie etwa bei Restschuldversicherungen.

vzbv: Kunden häufig zu Restschuldversicherung gedrängt

Bei den Restschuldversicherungen handelt es sich nicht um ein Nischenprodukt. Pro Jahr werden nach vzbv-Angaben rund 300.000 neue Verträge abgeschlossen. Demnach existieren derzeit rund 1,5 Millionen abgeschlossene Verträge mit einer Gesamtversicherungssumme von über zehn Milliarden Euro. Häufig kommen diese Verträge auch beim Einkaufen zustande, etwa wenn im Elektromarkt der neue Fernseher auf Pump erworben wird.


Fehlender Wettbewerbsdruck, um Kosten zu senken

Nach den Auswertungen von Gesprächen mit Ratsuchenden und einer Online-Befragung kommt der vzbv zu dem Schluss, dass in rund der Hälfte der Fälle dem Kunden bei Abschluss eines Kreditvertrages auch eine Restschuldversicherung nahegelegt wird.

Nach vzbv-Angaben ist es aber für die Kunden schwierig, die Mehrkosten für den Versicherungsschutz zu durchschauen. Ein Grund dafür ist, dass es für sie bei den derzeit üblichen Vertragsgestaltungen keine Beratungspflicht gibt. Denn der Kunde ist zwar die versicherte Person, ab nicht der Versicherungsnehmer. Das ist die kreditgebende Bank und nur der Versicherungsnehmer – also die Bank – muss beraten werden. Im Vertrag, den der Kunde unterschreibt, sind die Versicherungskosten zwar auch aufgeführt, aber nach vzbv-Angaben oft schwer zu erkennen.

Die Verbraucherschützer monieren zudem, dass bei den von ihnen untersuchten Fällen von den Banken immer nur ein Unternehmen für den Abschluss einer Kosten Restschuldversicherung angeboten wurde. Damit fehle der Wettbewerbsdruck, um Kosten zu senken. Zudem seien die Versicherer in manchen Fällen Tochterunternehmen der kreditgebenden Banken gewesen.

Um dieser Entwicklung entgegen zu steuern, fordern der Verband die Plicht, für Kredit und Restschuldversicherung zwei getrennte Verträge anzubieten. Zudem müsse es bei den Restschuldversicherungen mehr als nur ein Angebot geben.

Kritik am Provisionsabgabe-Verbot

Den Verbraucherschützern ist auch das sogenannte Provisionsabgabe-Verbot ein Dorn im Auge. Diese Vorschrift wurde in den 20er-Jahren eingeführt, um einen ruinösen Wettbewerb zwischen Vermittlern zu verhindern, die einen immer größeren Teil ihrer Prämien an Kunden abgaben, um überhaupt Verträge abzuschließen. „Dieses Verbot verbietet faktisch den Wettbewerb um die Vertriebskosten und schafft damit ein künstlich hohes Niveau im Provisionsvertrieb“, urteilt der vzbv.

Der GDV begrüßt dagegen die Festschreibung des Provisionsabgabeverbots. „Damit ist sichergestellt, dass bei Beratung und Vermittlung auch künftig Kundenbedürfnisse und Produktqualität im Mittelpunkt stehen“, heißt es in einer Stellungnahme.

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