Doch Konflikte um die Nutzung der Straßen sind so gut wie unvermeidbar. „Wir kommen gar nicht drum herum, den öffentlichen Raum umzuwidmen“, sagt Hochfeld. Parkraum müsse teurer werden. Auch da sei der Bund gefragt, da er die Straßenverkehrsordnung (StVO) anpassen müsste. Vorreiterstädte wie Kopenhagen haben 25 Jahre benötigt, um sich von einer auto- zu einer fahrradgerechten Metropole zu entwickeln. Jedes Jahr wurde rund ein Prozent der öffentlichen Fläche Autofahrern weggenommen und Radlern gegeben. „Das könnte heute schneller gehen“, sagt Hochfeld. Mobilität habe sich durch Car- und Ridesharing, Digitalisierung und besseren Nahverkehr bereits zum Besseren verändert. „In Städten gibt es deutlich mehr Alternativen zum eigenen Auto.“
Berlin geht dabei den radikalen Weg. Der Gesetzesentwurf will dem Nahverkehr, den Fußgängern und Radfahrern „Vorrang vor dem motorisierten individuellen Straßenverkehr“ einräumen. „Dies betrifft insbesondere die entsprechende Berücksichtigung bei der Straßenraumaufteilung und der Schaltung von Lichtsignalanlagen“, heißt es ausdrücklich.
Einigen Politikern geht selbst das noch nicht weit genug. Dieter Janecek, wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag, schlägt eine Änderung der StVO vor, um einen „Grünpfeil“ für Radfahrer zu erlauben. „Damit wollen wir das Rechtsabbiegen mit dem Rad bei Rot ermöglichen“, sagt er. In Frankreich, den Niederlanden oder den USA sei das längst Standard.
Und damit nicht genug. „Persönlich plädiere ich auch dafür, dass rote Ampeln für Radfahrer nur noch als Stoppschilder gelten sollen wie im US-Bundesstaat Idaho seit 1982 üblich“, sagt Janecek. Dann müssten Radler, anders als Autofahrer, nur kurz stoppen, schauen und könnten dann weiter. Fahrrad first eben.