Öffentliche Ausgaben 2022 So hoch sind Deutschlands Bundesländer derzeit verschuldet

Deutschland hat Schulden in Höhe von 2,3 Billionen Euro Quelle: IMAGO

Die Ausgaben der Corona-Pandemie drücken noch immer auf die Finanzen der Bundesländer. Viele von ihnen mussten im Zuge der Krise Sonderhaushalte aufsetzen und ungeplante Kredite aufnehmen. Doch wie steht es wirklich um die Finanzen der Länder – und welches Bundesland hat die meisten Schulden? Ein Ranking.

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Das statistische Bundesamt hat die Finanzen der 16 deutschen Bundesländer erfasst. Eine Auswertung zeigt die ungedeckten Ausgaben und Verbindlichkeiten zum Ende des zweiten Quartals 2022. Die Schulden der Gemeinden sind nicht eingerechnet. Berücksichtigt werden Wertpapierschulden, Kredite und Kassenkredite im nicht-öffentlichen Sektor. Dabei gibt es auch einige Überraschungen.

632,6 Milliarden Euro Schulden haben die deutschen Bundesländer zusammen. Das zeigt eine Auswertung des statistschen Bundesamtes für das erste Halbjahr 2022. Zwar konnten die Budesländer ihre Schulden um 5,9 Milliarden Euro (0,9 Prozent) gegenüber Ende 2021 verringern. Wegen der enormen Ausgaben in der Pandemie bleibt die finanzielle Belastung der Länder jedoch insgesamt hoch.

Absehbar ist bereits, dass die aktuellen Krisen wie Ukraine-Krieg, Inflation und Energiepreise von den Ländern neue, ungeplante Ausgaben fordern werden. Die ursprünglichen Haushaltspläne dürfte das noch einmal ins Wanken bringen. Hinzu kommen spürbar gestiegene Zinsanstiege bei Krediten. Sie dürften das Haushaltsloch weiter vergrößern. Ein Überblick über die Schuldenstände der Länder.

In diesen Bundesländern ist die Verschuldung 2022 am höchsten

Platz 16: Sachsen

Am unteren Ende der Tabelle taucht ein ostdeutsches Bundesland auf. Die wenigsten Schulden in Deutschland hat derzeit Sachsen. Im Freistaat beläuft sich der Schuldenstand aktuell auf 5,6 Milliarden Euro. Das sind auch aktuell noch 2,8 Milliarden Euro weniger als das Land mit den zweitwenigsten Schulden hat. Seit 1990 stellt die CDU durchgehend den Ministerpräsidenten im Freistaat. Aktuell regiert Michael Kretschmer das Bundesland um die Städte Dresden und Leipzig.

Platz 15: Mecklenburg-Vorpommern

Die zweitwenigsten Schulden der 16 Bundesländer hat Mecklenburg-Vorpommern. Öffentlich rühmte sich das Land lange dafür, seit 2006 keine neuen Kredite mehr in Anspruch genommen zu haben. Damit blieb auch die Verschuldung konstant niedrig. Das änderte sich jedoch mit Ausbruch der Corona-Pandemie. So musste Mecklenburg-Vorpommern für Ende 2020 einen Rekordschuldenstand vermelden – und für die Bekämpfung des Corona-Virus wieder neue Kredite aufnehmen in Höhe von 2,9 Milliarden Euro. 13,36 Milliarden Euro Schulden standen am Ende zu Buche. Davon sollen nach dem zweiten Quartal 2022 noch 8,4 Milliarden Euro übrig sein. Neue Herausforderungen stehen angesichts von Inflation und Energiekrise aber bereits vor der Tür.

Platz 14: Saarland

Im Saarland leben etwas weniger als eine Million Menschen. Das flächenmäßig kleinste Bundesland Deutschlands ist zugleich das einzige Bundesland mit einer Einparteienregierung. Allein die SPD stellt die aktuelle Regierung. Angeführt wird diese von Anke Rehlinger, die im Frühjahr 2022 auf Tobias Hans (CDU) folgte. Das Saarland gilt per se als wohlhabende Region. Der Schuldenstand das Landes beträgt aber immerhin 13,8 Milliarden Euro.

Platz 13: Thüringen

15,8 Milliarden Euro Schulden hat Thüringen. 2,1 Millionen Menschen leben hier, etwa jeder zehnte davon in Erfurt. Zu DDR-Zeiten als Zentrum der Optik- und Glasindustrie bekannt, sind auch heute noch einige namhafte Unternehmen der Branche in Thüringen ansässig. Darunter sind zum Beispiel die Carl Zeiss AG oder der Spezialglashersteller Schott. Zudem fertigt der Autobauer Opel einige Modelle im thüringischen Eisenach.

Platz 12: Brandenburg

Seit 2013 ist Dietmar Woidke (SPD) Ministerpräsident von Brandenburg. Die Tabelle der meistverschuldeten Bundesländer zeigt Brandenburg auf dem zwölften Rang. Die Verschuldung liegt nach letztem Stand bei 18,5 Milliarden Euro.

Platz 11: Bayern

Das Bundesland mit den zweitmeisten Einwohnern (13,2 Millionen) weist aktuell einen Schuldenstand von 19,2 Milliarden Euro auf. Im Kabinett Söder III verantwortet Albert Füracker (CSU) seit 2018 die Finanzen des Freistaats. Dabei kann sich die CSU jedoch erstmals seit 2013 nicht mehr auf eine absolute Mehrheit berufen. Bei der Landtagswahl 2019 verlor der amtierende Ministerpräsident Markus Söder die absolute Mehrheit – und ist seitdem auf die Unterstützung vom Koalitionspartner Freie Wähler angewiesen.

Platz 10: Sachsen-Anhalt

An zehnter Stelle der meistverschuldeten Bundesländer steht Sachsen-Anhalt. Der Schuldenstand des Bundeslandes im Osten beträgt 22,4 Milliarden Euro. Unter den neuen Bundesländern ist das der höchste Schuldenstand. Einen Umfang von 13,6 Milliarden Euro sieht der bisherige Landeshaushalt für 2022 vor. Das ist so viel wie nie zuvor. Zusätzliche Investitionen sind besonders für den Bereich Bildung geplant. Unter anderem will das Bundesland zusätzliche Vollzeitstellen für Lehrpersonal schaffen.

Platz 9: Bremen

25,7 Milliarden Euro Schulden muss Bremen tilgen. Zuständig für die Finanzen in dem kleinsten aller Bundesländer ist Finanzsenator Dietmar Strehl (Grüne). Er ist Mitglied des Kabinetts von Senatspräsident Andreas Bovenschulte (SPD). 

Mit fast 700.000 Einwohnern gilt Bremen als wachsender Stadtstaat, hat aber zugleich mit vielen sozialen Fragen zu kämpfen. Unter anderem hat Bremen die höchste Arbeitslosigkeit aller Bundesländer. Die Sozialausgaben sind auch deshalb hoch. Seine Schulden konnte Bremen nach dem Jahresende 2021 jedoch deutlich abbauen. Ganze 10,6 Milliarden Euro weniger Schulden stehen in den Büchern.

Platz 8: Rheinland-Pfalz

In Rheinland-Pfalz leben 4,1 Millionen Menschen. Die Landeshauptstadt Mainz ist zugleich die bevölkerungsreichste Stadt des Landes. Seit 2013 ist hier Malu Dreyer (SPD) als Ministerpräsidentin aktiv. In der Tabelle der meistverschuldeten Bundesländer landet Rheinland-Pfalz mit 30,2 Milliarden Euro Schulden auf Rang acht und überholt damit nach dem zweiten Quartal auch das Bundesland Bremen.

Platz 7: Schleswig-Holstein

Schleswig-Holstein ist neben Mecklenburg-Vorpommern das nördlichste der 16 Bundesländer und grenzt unmittelbar an Dänemark. Hier regiert die schwarz-grüne Koalition um Ministerpräsident Daniel Günther (CDU). Mit 14,6 Milliarden Euro plante das Land für 2022 an Ausgaben. 13,9 Milliarden Euro sollten im selben Zeitraum an Einnahmen vorgesehen. Angesichts von Energiekrise und Entlastungen könnte sich dieses Verhältnis aber noch einmal ändern.

Wie viele andere deutsche Bundesländer schleppt das Bundesland zudem einen wachsenden Berg an Ausgaben, die nicht durch Einnahmen gedeckt sind, mit sich. Entsprechend hat Schleswig-Holstein einen Schuldenstand von 31,9 Milliarden Euro.

Platz 6: Hamburg

Hamburg nimmt aktuell den sechsten Rang der meistverschuldeten Bundesländer ein. 34 Milliarden Euro beträgt der Schuldenstand des Stadtstaates im Norden Deutschlands. Obwohl Hamburg nur rund 1,9 Millionen Einwohner zählt und damit hinsichtlich Bevölkerung und Fläche vergleichsweise klein ist, verfügt es über höhere Schulden als viele andere Bundesländer.

von Max Haerder, Bert Losse, Cordula Tutt

Platz 5: Hessen

Rund 6,3 Millionen Einwohner hat Hessen. Für den in Frankfurt ansässigen Bankensektor, den Handelsplatz Börse Frankfurt und Deutschlands meistfrequentierten Flughafen Fraport ist das Bundesland bekannt. Hessen verfügt über einen Schuldenstand von 40,2 Milliarden Euro. Besonders für Forschung und Bildungspolitik gibt das Land einen hohen Anteil aus. 7,8 Milliarden Euro, rund ein Viertel des Landeshaushalts, sollten es 2022 sein. Auch der Inneren Sicherheit räumt Hessen mit 2,9 Milliarden Euro im Jahr 2022 einen großen Stellenwert ein. Für Umwelt- und Klimaschutz hat Hessen noch 400 Millionen über.

Platz 4: Baden-Württemberg

47 Milliarden Euro Schulden zählt das Land Baden-Württemberg. Dabei gilt das Bundesland im Südwesten Deutschlands als allgemein wohlhabend. Zu tun hat das aber mit einem der höchsten Pro-Kopf-Einkommen aller Bundesländer. Auch das Einkommen der privaten Haushalte liegt auf einem Höchststand. Die öffentliche Verschuldung liegt jedoch vergleichsweise hoch. So landet Baden-Württemberg im aktuellen Ranking auf dem vierten Rang der meistverschuldeten Bundesländer.

Platz 3: Berlin

Die drittmeisten Schulden hat die deutsche Hauptstadt, die zugleich ein Stadtstaat ist. In Berlin liegen die Schulden bei 63,1 Milliarden Euro. Den größten Teil seiner Ausgaben tätigt Berlin in den Bereichen Bildungswesen sowie für die Soziale Sicherung, Familienpolitik und Arbeitsmarktpolitik.

Platz 2: Niedersachsen

Niedersachsen gilt als Land der Automobilproduktion. Neben Volkswagen sind auch diverse Zuliefererbetriebe wie Continental oder ZF in Niedersachsen beheimatet oder mit Niederlassungen ansässig. Entsprechend gilt der Einfluss von Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) für den Wirtschaftsstandort Deutschland als hoch. Das Bundesland mit acht Millionen Bürgern hat den zweithöchsten Schuldenstand, aktuell 66,2 Millionen Euro.

Platz 1: Nordrhein-Westfalen

Mit großem Abstand steht Nordrhein-Westfalen an der Spitze des Rankings der Bundesländer mit der höchsten Verschuldung. Das Bundesland hatte nach dem zweiten Quartal 2022 erheblich höhere Schulden als jedes andere Bundesland. 190,9 Milliarden Euro an Krediten und anderen offenen Verbindlichkeiten weist das Land aus. 

Zwar zählt das Bundesland die meisten Einwohner (17,9 Millionen), verfügt dabei aber auch über strukturschwache Regionen, beispielsweise im Ruhrgebiet. NRW hat aktuell 120 Milliarden Euro mehr Schulden als das ebenfalls einwohnerstarke Bayern.

Die absoluten Schulden der Bundesländer im Überblick

RangBundeslandEinwohner in Millionen lt. letztem bekannten StandAktueller Schuldenstand
in Milliarden Euro*
1.Nordrhein-Westfalen17,9190,9
2.Niedersachsen8,066,2
3.Berlin3,763,1
4.Baden-Württemberg11,147,0
5.Hessen6,340,2
6.Hamburg1,934,0
7.Schleswig-Holstein2,931,9
8.Rheinland-Pfalz4,130,2
9.Bremen0,725,7
10.Sachsen-Anhalt2,222,4
11.Bayern13,219,2
12.Brandenburg2,518,5
13.Thüringen2,115,8
14.Saarland1,013,8
15.Mecklenburg-Vorpommern1,68,4
16.Sachsen4,05,6

Quelle: Statistisches Bundesamt (Destatis), *Stand zum 30.06.2022

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