Versicherung Krankenkassenbeitrag steigt 2023 auf Rekordhöhe

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat eine Erhöhung des Zusatzbeitrags angekündigt. Quelle: dpa

Steigende Ausgaben belasten die Krankenkassen – und der Bund will nicht alles aus Steuermitteln ausgleichen. Nun kündigt die Regierung einen neuen Kostensprung für die Versicherten an.

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Inmitten der Debatte über Rekordinflation und mögliche Entlastungen für Beschäftigte hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach höhere Beiträge zur Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) angekündigt. Die rund 57 Millionen GKV-Mitglieder sollen ab 2023 insgesamt 16,2 Prozent des Bruttolohns an die Krankenkassen abführen. Die Hälfte davon zahlen die Arbeitgeber. Der Rekordwert kommt durch eine Anhebung des durchschnittlichen Zusatzbeitrages um 0,3 Punkte auf 1,6 Prozent zustande. Die Sozialbeiträge insgesamt steigen damit 2023 auf 40,45 Prozent. Sie überschreiten erstmals seit 2012 wieder deutlich die 40-Prozent-Marke, auf deren Einhaltung die Wirtschaft pocht. Der GKV-Spitzenverband sprach von einer „finanziellen Atempause“.

Durch die Anhebung des Zusatzbeitrags wird zusammen mit dem allgemeinen Beitragssatz von 14,6 Prozent erstmals in der GKV-Geschichte die 16-Prozent-Marke überschritten. Dies soll helfen, eine Finanzierungslücke von rund 17 Milliarden Euro zu schließen, für die Lauterbach seinen Amtsvorgänger Jens Spahn (CDU) verantwortlich machte. „Ich habe dieses Defizit im wesentlichen geerbt von meinem Vorgänger“, sagte Lauterbach. Dieser habe teure Leistungsausweitungen vorgenommen und auf Strukturreformen verzichtet. Er habe die GKV „in einem sehr schwierigen Zustand vorgefunden“, sagte Lauterbach, der in der großen Koalition mit Spahn als Minister als gesundheitspolitischer Sprecher der SPD Einfluss genommen hatte. Sein Vorschlag gehe nun in die Ressortabstimmung. Finanzminister Christian Lindner (FDP) habe bereits zugestimmt.

Leistungskürzungen werde es nicht geben, sagte Lauterbach. Zusätzlich zur Beitragserhöhung erhöhe der Bund den Zuschuss aus Steuermitteln um zwei Milliarden Euro. Hinzu komme ein Bundesdarlehen in Höhe von einer Milliarde Euro. Zudem solle durch größere Effizienz Geld eingespart werden. Auch habe er Strukturreformen etwa bei Krankenhäusern auf den Weg gebracht.

Die von Lauterbach vorgelegten Eckpunkte verschafften der GKV „allenfalls eine finanzielle Atempause“, erklärte die Chefin des Spitzenverbandes, Doris Pfeiffer. Die Reserven der Krankenkassen würden erneut zwangsweise heruntergefahren. „Aus heutiger Sicht ist noch offen, ob der von der Politik geplante Anstieg der Zusatzbeitragssätze um 0,3 Prozentpunkte tatsächlich ausreicht.“ Pfeiffer nannte es eine Enttäuschung, dass der Bund die von Hartz-IV-Beziehern verursachten Ausgaben weiterhin nicht in vollem Umfang übernehme. „So bleibt es dabei, dass die Krankenkassen den Bundeshaushalt Jahr für Jahr mit rund zehn Milliarden Euro subventionieren.“ Lauterbach sagte, „diese Problematik ist noch zu lösen“.

Lindner sagte, aus unterschiedlichen Gründen gebe es in der GKV „ein enormes Finanzierungsdefizit, das der Bundeshaushalt auch im nächsten Jahr zumindest teilweise wird ausgleichen müssen, um immer höhere Beitragssteigerungen (...) zu vermeiden“. Einen Betrag nannte er nicht. Lauterbach sprach aber von einem „einvernehmlichen Ergebnis“ mit dem Finanzminister. Die Grünen-Berichterstatterin für den Gesundheitsetat, Paula Piechotta, machte deutlich, dass sie die Vorschläge mittrage, dass sie sich aber mehr Geld aus dem Bundeshaushalt gewünscht hätte. Das Gesundheitswesen müsse besser und effizienter werden, „um das Defizit die nächsten Jahre wieder runterzufahren“.

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Die Sozialbeiträge dürften damit 2023 den höchsten Wert seit 2007 erreichen, da in der Arbeitslosenversicherung die seit 2019 geltende zeitweise Absenkung um 0,2 Prozentpunkte Ende 2022 ausläuft. Da Kinderlose in der Pflegeversicherung mehr zahlen, summieren sich für sie alle Beiträge 2023 auf 40,8 Prozent. Für Beschäftigte mit Kindern sind es 40,45 Prozent des Bruttolohns.

Von den Arbeitgebern kam scharfe Kritik. „Die Eckpunkte sind enttäuschend und kommen einem Taschenspielertrick gleich“, erklärte der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Arbeitgeber (BDA), Steffen Kampeter. Allein durch die Anhebung des Beitragssatzes werde ein Teil der von der Ampel-Koalition beschlossenen Entlastungen „einfach wieder aufgefressen“.

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