Verurteilte Homosexuelle Männer bekommen mehrere Tausend Euro Entschädigung

Ihre umstrittenen Verurteilungen liegen Jahrzehnte zurück – nun können homosexuelle Männer mit finanzieller Entschädigung rechnen. Sie sollen mehrere Tausend Euro erhalten.

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Homosexuelle Männer, die nach dem früheren Paragrafen 175 verurteilt wurden, sollen eine individuelle Entschädigung von mehreren Tausend Euro bekommen. Quelle: dpa

Berlin Homosexuelle Männer, die nach dem früheren Paragrafen 175 verurteilt wurden, sollen eine individuelle Entschädigung von mehreren Tausend Euro bekommen. Bestehen soll sie aus pauschal 3000 Euro sowie 1500 Euro je angefangenem Jahr einer Inhaftierung.

Das sieht ein Gesetzentwurf des Bundesjustizministeriums vor, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Das Ministerium rechnet mit bis zu 5000 Betroffenen und einer Summe von 30 Millionen Euro. Beansprucht werden können die Entschädigungen demnach binnen fünf Jahren. Der Entwurf soll nun innerhalb der Bundesregierung abgestimmt werden.

Die große Koalition hat vereinbart, die betroffenen Männer zu rehabilitieren. „Ihnen soll der Strafmakel genommen werden, mit dem sie bisher wegen einer Verurteilung allein aufgrund ihrer sexuellen Orientierung leben mussten“, heißt es im Entwurf von Justizminister Heiko Maas (SPD). Das einstige Verbot einvernehmlicher homosexueller Handlungen sei „nach heutigem Verständnis in besonderem Maße grundrechtswidrig“. Sexuelle Handlungen unter Männern waren in der DDR bis 1968 strafbar, in der Bundesrepublik bis 1969. Ganz abgeschafft wurde der Paragraf 175 erst 1994.

Die entsprechenden Urteile sollen nun pauschal per Gesetz aufgehoben werden. Dafür sollen Betroffene bei zuständigen Staatsanwaltschaften kostenlos eine „Rehabilitierungsbescheinigung“ beantragen können. Ist ein Verurteilter bereits gestorben, soll dies auch für Verwandte oder andere Menschen möglich sein, „wenn sie ein berechtigtes Interesse an der Feststellung einer Urteilsaufhebung haben“.

Entschädigungen können die rehabilitierten Männer beim Bundesamt für Justiz beantragen. Das Ministerium schätzt, dass Urteile im Schnitt zwei Jahre Haft nach sich zogen. Von Rehabilitierung ausgeschlossen sind unter anderem Verurteilungen wegen Handlungen, bei denen Gewalt angewendet wurde. Neben den individuellen Entschädigungen ist eine ergänzende „Kollektiventschädigung“ vorgesehen, wie Maas kürzlich der „Süddeutschen Zeitung“ gesagt hatte. Damit sollen das Leid und das Unrecht Einzelner aufgearbeitet und dokumentiert werden.

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Volker Beck begrüßte, dass es bei der Rehabilitierung vorangehe. Allein eine Haftentschädigung reiche aber nicht. Schon die Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens habe etwa den Verlust des Arbeitsplatzes zur Folge haben können. Berufs- und Rentenschäden sollten daher ebenfalls berücksichtigt werden.

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