Volker Kauder "Die Steuern rauf? Nicht mit uns"

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"Europa krankt am Egoismus der Nationalstaaten"

Noch mal zum Staatsgeld. NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans fordert, der Bund solle sich zu 50 Prozent an den Flüchtlingskosten der Länder beteiligen statt wie bislang nur zu 20 Prozent.

Zur Erinnerung: Der Bund zahlt den Ländern 670 Euro pro Flüchtling und Monat. Das ist eine Menge Geld. Vielleicht sollte gerade einmal die rot-grüne NRW-Landesregierung sich dazu bekennen, diesen Betrag dann auch wirklich an die Kommunen zu überweisen, wie dies zum Beispiel Bayern tut. Dazu möchte ich mal etwas von Herrn Walter-Borjans und der Ministerpräsidentin Frau Kraft hören. Stattdessen weigert sich aber NRW, das umzusetzen, was die Koalitionsspitzen vereinbart haben – zum Beispiel, dass in den Erstaufnahmeeinrichtungen in erster Linie Sach- statt Geldleistungen gewährt werden sollen. NRW ist auch sehr zögerlich bei den Abschiebungen. So kann ein Land nicht arbeiten – so funktioniert auch der Föderalismus nicht.

Ist die Abstimmung in der Flüchtlingsfrage europaweit ähnlich schwierig?

Europa krankt am Egoismus der Nationalstaaten. Schauen Sie auf Ungarn, die Slowakei, Tschechien und nun auch Polen. Diese Länder nehmen die Vorzüge Europas gerne an, üben aber momentan in der Flüchtlingsfrage keine Solidarität. Nur auf die EU einzuhauen greift daher viel zu kurz. Europa muss zur Bewältigung der Flüchtlingsfrage die Weichen völlig neu stellen. Dazu gehört auch die Weiterentwicklung von Frontex zu einer europäischen Grenzschutzpolizei.

Dazu müssten die Staaten ihre Souveränitätsrechte ganz oder zumindest teilweise abtreten. Oder soll so eine Truppe aus nationalen Polizeibeamten bestehen?

Nein, die europäische Grenzschutzagentur Frontex muss zu einer eigenständigen Behörde mit eigenen Befugnissen ausgebaut werden. Die EU-Kommission geht hier genau in die richtige Richtung.

Wer soll das bezahlen?

Klar müssen wir dafür mehr Geld in die Hand nehmen. Wir haben aber ja schon eine verwandte Einrichtung, den Europäischen Auswärtigen Dienst bei der Außenbeauftragten. Noch nötiger wäre aber, über eine europäische Grenzschutzpolizei zu verfügen. Diese würde allen vor Augen führen, dass sich Europa bemüht, Regeln auch umzusetzen.

Apropos Regeln: Haben Sie Verständnis dafür, dass die Franzosen nach den Anschlägen von Paris sagen, der Stabilitätspakt genieße derzeit keine Priorität?

Frankreich ist unser wichtigster Partner in Europa. Dass der Stabilitätspakt nicht so wichtig sei, haben die Franzosen eigentlich immer schon gesagt – ohne vorher Mehrausgaben für Sicherheit zu erwähnen.

Auch in Griechenland bleibt die Umsetzung der Sanierungsauflagen schwierig.

Dort müssen wir weiter genau hingucken.

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