Vor Coronagipfel Lockerungen in Sicht: Entwurf sieht Öffnungsschritte vor

Der Lockdown wird voraussichtlich noch weitere Wochen weitergehen. Quelle: dpa

Der Lockdown zehrt in Deutschland immer mehr an den Nerven. Bund und Länder müssen am Mittwoch darauf reagieren. Doch in wichtigen Details ist man sich noch nicht einig.

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Nach monatelangem Lockdown in Deutschland deuten sich weitere Öffnungsschritte an – allerdings abhängig vom regionalen Infektionsgeschehen und mit einer „Notbremse“. Das geht aus einem vorläufigen Beschlussentwurf für die Bund-Länder-Runde an diesem Mittwoch hervor, der dem Vernehmen nach noch nicht mit allen Ländern abgestimmt ist. Verknüpft werden zahlreiche Öffnungen darin auch mit massenhaften Schnelltests. Grundsätzlich soll der Lockdown auch wegen der Gefahr durch die neuen Virusvarianten bis 28. März verlängert werden.

Zuletzt hatten viele Branchen und etwa Sportvereine und Verbände ein Ende des Stillstands angemahnt. Auch Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hatte gesagt, er halte Lockerungen mit entsprechenden Konzepten schon im März für vertretbar. Einzelne Ministerpräsidenten bremsten. So sieht Baden-Württembergs Landeschef Winfried Kretschmann (Grüne) derzeit keine schnellen Öffnungsschritte – erst einmal müsse die Infrastruktur für massenhafte Schnell- und Selbsttests stehen, sagte er. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) warb für vorsichtige Öffnungen. Einer der größten Konfliktpunkte bei der anstehenden Beratung der Ministerpräsidenten mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) dürfte sein, welche Inzidenzwerte man für welche Öffnungsschritte voraussetzt.

Das Entwurfspapier für die Bund-Länder-Runde wurde von einer Runde aus Kanzleramt, Bundesfinanzministerium und den Ländern Berlin und Bayern erarbeitet. (Sie können es hier herunterladen.) Es verändere sich allerdings noch ständig, hieß es am Dienstag. Die Verhandlungen seien nicht abgeschlossen, endgültige Entscheidungen werden erst im Gespräch am Mittwochnachmittag erwartet. Folgende Schritte waren zunächst vorgesehen:

Kontakte: Schon von kommender Woche an könnten wieder Treffen des eigenen mit einem weiteren Haushalt möglich sein, beschränkt auf maximal fünf Personen. Derzeit darf man sich nur mit einer nicht im Haushalt lebenden Person treffen. Ab einer bestimmten Zahl von Neuinfektionen je 100.000 Einwohner und Woche sollen noch großzügigere Regeln möglich sein: Treffen mit zwei weiteren Haushalten, maximal zehn Personen. Offen ist allerdings noch, ab welcher Sieben-Tage-Inzidenz dies gelten soll. Über Ostern könnten – ähnlich wie Weihnachten – wieder Verwandtenbesuche in etwas größerem Kreis möglich werden.

Gartenmärkte und Buchhandlungen: In einigen Ländern sind Baumärkte schon geöffnet, in anderen nicht. Das soll einheitlicher werden: Der Entwurf sieht vor, dass Buchhandlungen, Blumengeschäfte und Gartenmärkte mit Hygienekonzepten und einer Personenbegrenzung öffnen können. Das gleiche könnte für sogenannte körpernahe Dienstleistungen und Fahrschulen gelten – allerdings nur mit Coronatest.

Handel: Bei einer stabilen Inzidenz unter 35 könnte der Einzelhandel mit einer Begrenzung der Kundenzahl wieder öffnen. Ab einem Inzidenzwert, der noch festgelegt werden muss, könnte zumindest „click and meet“ erlaubt sein, also Einkaufen nach Terminbuchung und mit Kontaktnachverfolgung. Unter anderem bei diesem Punkt gebe es aber noch erheblichen Verhandlungsbedarf, hieß es.

Museen und Zoos: Museen, Galerien, Zoos und botanische Gärten sowie Gedenkstätten könnten ab einem Wert von 35 wieder öffnen – ab einer noch festzulegenden Inzidenz zumindest mit vorheriger Terminbuchung.

Gastronomie: Außenbereiche von Restaurants sollen dem Entwurf zufolge erst öffnen, wenn die Inzidenz 14 Tage stabil bei unter 35 bleibt. Ab einem Wert, der noch festgelegt werden muss, könnte man aber zumindest mit Terminbuchung Essen gehen. Tests wären vorgeschrieben, wenn an einem Tisch Personen aus mehrere Hausständen sitzen.

Sport: Sport könnte ebenfalls ab Inzidenz 35 wieder in kleinen Gruppen von maximal zehn Personen erlaubt sein. Allerdings nur draußen und kontaktfrei, also etwa Fitness oder gemeinsames Joggen, aber kein Fuß- oder Basketball. Ab einem noch festzulegenden Infektionswert könnte zumindest Joggen und Fitness zu zweit und für Kinder auch Sport in kleinen Gruppen draußen erlaubt sein. Kontaktfreier Sport drinnen, also etwa im Fitnessstudio und Kontaktsport draußen sieht der Entwurf erst vor, wenn die Inzidenz in der Region 14 Tage lang stabil bei unter 35 bleibt – auch hier könnte mit tagesaktuellen Tests früher gelockert werden.

Theater, Konzerthäuser, Kinos: Auch diese Kulturangebote könnte es regulär erst bei einer stabilen Indizenz von unter 35 geben. Mit Tests ginge das laut Entwurf möglicherweise schon früher.

Notbremse: Grundsätzlich ist eine Art Notbremse vorgesehen. Sollte die Inzidenz an mehreren aufeinanderfolgenden Tagen wieder über einen bestimmten Wert klettern, sollen sofort die aktuell geltenden Lockdown-Regeln wieder in Kraft treten – automatisch und ohne Extra-Beschluss. Der Schwellenwert dafür ist allerdings noch offen.

Schulen: Die Bildungsminister der Länder kündigten an, der an Grundschulen begonnene Wechsel- oder Präsenzunterricht solle auf weitere Jahrgänge ausgeweitet werden. Das soll gelten, „sofern es die Infektionslage weiterhin zulässt“. Daten werden nicht genannt.

Weitere Lockerungen: Über weitere Lockerungen etwa für Innenbereiche von Restaurants, für Veranstaltungen, Reisen und die Hotellerie soll dem Beschlussentwurf zufolge erst bei der nächsten Bund-Länder-Runde beraten werden. Als Termin ist der 24. März vorgesehen.

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Die bei der vergangenen Bund-Länder-Runde avisierte 35er-Grenze für Lockerungen auf breiter Front könnte nun aufgegeben werden – wenn viel mehr getestet wird. Regelmäßige Corona-Tests stellten „einen wichtigen Baustein dar, um mehr Normalität und sichere Kontakte zu ermöglichen“, heißt es im Entwurf. Laschet betonte, „testen, testen, testen“ sei neben dem Impfen jetzt die Botschaft. „Denn wir werden in den nächsten Monaten in Deutschland Millionen an Tests und Selbsttests benötigen, um mit dem Virus, um mit der Pandemie zu leben“, sagte der CDU-Chef.

Bundesregierung und Ministerpräsidenten wollten auch mit Vertretern der Industrie über einen Ausbau der Tests in Unternehmen sprechen. Laut Entwurf könnten die Unternehmen verpflichtet werden, ihren Präsenz-Beschäftigten mindestens einen oder sogar zwei kostenlose Schnelltests pro Woche anzubieten. Die Länder sollen möglicherweise dafür sorgen, dass das Personal in Schulen und Kitas „sowie alle Schülerinnen und Schüler“ mindestens einen oder zwei kostenlose Schnelltests pro Präsenzwoche angeboten bekommen. Und auch allen anderen Bürgern sollen demnach ein oder zwei kostenlose Schnelltests pro Woche ermöglicht werden, etwa in Testzentren oder bei Ärzten.

Mehr zum Thema: Der Lockdown bringt immer mehr Betriebe in schiere Existenzangst. Die Politik debattiert nun zwar über Öffnungen.

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