Vor Jamaika-Sondierungen Trittin kratzt an „schwarzer Null“

Grünen-Unterhändler Trittin will die „schwarze Null“ im Zweifel für Investitionen Opfern. Die FDP pocht bei den Sondierungsgesprächen auf den Verzicht einer Neuverschuldung – rudert aber bei einer anderen Forderung zurück.

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Der Grünen-Politiker erklärte, Investitionen seien vordringlich: „Entlastungen brauchen vor allem Familien mit Kindern und Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen.“ Quelle: dpa

Berlin Unmittelbar vor den ersten Jamaika-Sondierungsrunde zum Thema Geld warnt der Grünen-Unterhändler Jürgen Trittin davor, für einen ausgeglichenen Bundeshaushalt andere Ziele zu opfern. „Niemandem nützt eine 'schwarze Null' bei nicht mehr bezahlbarem Wohnraum oder bei Missständen im Pflegebereich – darauf werden wir dringen“, sagte er den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) am Dienstag.

Die FDP pochte dagegen auf den Verzicht einer Neuverschuldung. Auch Grünen-Chef Cem Özdemir und Unionspolitiker sind sich einig, dass eine Jamaika-Koalition aus CDU, CSU, FDP und Grünen keine neuen Schulden machen sollte. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) rief die potenziellen Regierungspartner zu Investitionen in die Infrastruktur auf. Im Bundestag setzten die Sondierer bei der konstituierenden Sitzung erstmals ihre Mehrheit ein.

Trittin erklärte, Investitionen seien vordringlich: „Entlastungen brauchen vor allem Familien mit Kindern und Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen.“ Die Unterhändler von CDU, CSU, FDP und Grüne kommen am Abend zu einer Sondierungsrunde über die Themen Finanzen und Europa zusammen. Nach den Kennenlern-Gesprächen am vergangenen Freitag setzen sich nun Parteien in kleinerer Runde zusammen, um die finanziellen Grundlagen der künftigen Regierung auszuloten und gemeinsame Ziele festzulegen. Lindner beharrte im RND auf den Verzicht auf Neuverschuldung: „Sie ist ein Signal der Stabilität in Europa und Ausdruck von Fairness gegenüber der Generation der Enkel.“

Im Sender n-tv erklärte FDP-Generalsekretärin Nicola Beer, die FDP habe den Posten des Finanzministers nicht zur Bedingung für Jamaika gemacht: „Wir haben nie gesagt, dass die FDP den Finanzminister stellen muss.“ Sie bekräftigte jedoch, es sei besser, wenn Kanzleramt und Finanzministerium nicht in derselben Hand lägen. Demnach lehnt die FDP einen CDU-Politiker im Finanzministerium ab, da bei Jamaika CDU-Chefin Angela Merkel im Kanzleramt bleiben würde.

In den vergangenen Tagen hatten mehrere Jamaika-Partner ihre Vorstellungen zur Einnahmen- und Ausgabenpolitik der neuen Bundesregierung skizziert. Zur Debatte stehen demnach die Abschaffung des Solidaritätszuschlags, die Entlastung unterer und mittlerer Einkommen und die stärkere Besteuerung internationaler Unternehmen. Eine Aufgabe der Unterhändler wird es sein, sich darauf zu verständigen, welche Summe in den künftigen Jahren für Investitionen zur Verfügung steht.

BDI-Präsident Dieter Kempf mahnte die Parteien, sich nicht auf einen „größten gemeinsamen Nenner beim Geldausgeben“ zu einigen. Investitionen in den Standort müssten Vorrang haben. „Angesichts maroder Straßen, unzureichender digitaler Infrastruktur und vieler Bildungsdefizite brauchen wir massive Investitionen in unserem Land“, sagte Kempf.

Im Bundestag demonstrierten die Jamaika-Partner erstmals ihre Stärke. Wenige Stunden vor den Sondierungsgesprächen überwiesen sie gemeinsam einen SPD-Antrag zur Stärkung der Debattenkultur zur Beratung an die Ausschüsse.

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