Vorbild Dänemark? Feiertag abschaffen für stärkere Bundeswehr? 26 Prozent der Deutschen sind dafür

Abwehrbereit? Ein „Infanterist der Zukunft“ steht neben einem Schützenpanzer Puma des Rüstungskonzerns Rheinmetall, im niedersächsischen Unterlüß werden neue Systeme getestet.    Quelle: dpa

Dänemark streicht zur Finanzierung höherer Verteidigungsausgaben einen Feiertag. Ist das auch für Deutschland eine gute Idee? Eine exklusive WiWo-Umfrage zeigt, dass vor allem eine Gruppe mitziehen würde.

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Was ist den Deutschen die Zeitenwende wert? Wären sie bereit, einen gesetzlichen Feiertag zu opfern, um mit höheren Steuereinnahmen dann den Wehretat aufzufüllen? Genau das ist gerade in Dänemark beschlossen worden. Zur Finanzierung höherer Verteidigungsausgaben hat das Land einen Feiertag abgeschafft, diese Woche wurde ein entsprechender Gesetzentwurf verabschiedet – freilich sind weder Weihnachten noch Ostern betroffen.

Gestrichen wird in Dänemark der „Store bededag“ („Große Bettag“), ein christlicher Feiertag, der auf den vierten Freitag nach Ostern fällt. Die Regierung will durch den zusätzlichen Arbeitstag drei Milliarden dänische Kronen mehr einnehmen, das sind umgerechnet etwa 400 Millionen Euro. Das Geld soll in den Verteidigungshaushalt fließen, um das dänische Militär im Zuge von Russlands Krieg in der Ukraine zu stärken. Die Maßnahme zur Mehrarbeit ist umstritten, Kritik gibt's etwa von Gewerkschaften und Geistlichen.   

Um die Bundeswehr dauerhaft besser auszurüsten, gibt es in Deutschland zwar bereits ein Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro, doch schon jetzt ist klar, dass dieses Budget wohl nicht reichen wird. So wurde etwa die Munitionsbeschaffung in dem Topf nicht berücksichtigt. 

Die Truppe stehe durch die Unterstützung für die Ukraine „noch blanker“ da als vor dem Krieg, warnt beispielsweise Generalleutnant Alfons Mais. In der Ampel-Koalition gibt es deshalb Streit, ob deshalb der Verteidigungshalt zusätzlich erhöht werden muss.

von Sonja Álvarez, Max Biederbeck, Julian Heißler, Rüdiger Kiani-Kreß, Silke Wettach

Feiertagsverzicht? Keine abwegige Idee 

Rund 50,1 Milliarden Euro sind 2023 im so genannten Einzelplan 14 vorgesehen. Wenn das Budget erhöht werden soll, ohne die Schuldenbremse zu gefährden, müssten anderen Ressorts also Mittel gestrichen werden – oder die Deutschen arbeiten wie in Dänemark einfach einen Tag mehr?

Eine Idee, die die Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik nicht komplett abwegig finden, wie eine exklusive Umfrage des Online-Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag der WirtschaftsWoche zeigt, die am 1. und 2. März unter rund 5600 Teilnehmern durchgeführt wurde.  

Immerhin 26 Prozent der Befragten sind dafür, einen gesetzlichen Feiertag abzuschaffen, um durch die höheren Steuereinnahmen das Verteidigungsbudget zu vergrößern. Mit 66 Prozent ist jedoch die Mehrheit der Befragten nicht zum Feiertagsverzicht zugunsten einer stärkeren Truppe bereit, acht Prozent sind unentschieden.  



Bemerkenswert ist jedoch, dass es Unterschiede zwischen den einzelnen Bevölkerungsgruppen gibt. So ist die Zustimmung für die Abschaffung mit 29 Prozent im Westen größer, im Osten würden hingegen nur 15 Prozent der Befragten auf einen Feiertag abschaffen, um das Verteidigungsbudget zu erhöhen.  



Auch in den Altersgruppen gibt es Unterschiede – die jedoch wenig überraschen dürften. Wer 65 Jahre und älter ist, würde demnach am ehesten auf einen Feiertag verzichten: in dieser Gruppe stimmten 36 Prozent dafür, dass künftig einen Tag mehr gearbeitet werden sollte, um das Militär besser auszustatten. Viele Menschen aus dieser Altersgruppe dürften allerdings schon in Rente sein oder sich diesem Lebensabschnitt nähern, ein Feiertagsverzicht wäre für sie also kein allzu großer Verlust.

Deutlich geringer ist die Zustimmung dagegen in der Altersgruppe unter 50. Viele Menschen auf diesem Kreis müssen Karriere und Kinder gleichzeitig managen und dürften froh sein, wenn es in der „Rush Hour des Lebens“ mal einen Feiertag zum Durchschnaufen gibt. Bei den 40- bis 49-Jährigen wollen nur 17 Prozent der Befragten verzichten, bei den 30- bis 39-Jährigen sind es 18 Prozent, am geringsten ist die Zustimmung bei den 18- bis 29-Jährigen mit 16 Prozent.  



Überraschend sind die Unterschiede auch mit Blick auf die Wahlabsicht der befragten Teilnehmerinnen und Teilnehmer – denn am ehesten wären die potenziellen Wähler der Grünen bereit, einen Feiertag zugunsten einer stärkeren Bundeswehr aufzugeben: 37 Prozent der Befragten sind überzeugt, dass das eine gute Idee sein könnte. 

Knapp dahinter liegen die Anhänger der Union mit 34 Prozent, gefolgt von FDP (33 Prozent) und SPD (31 Prozent) – eine bemerkenswert hohe Zustimmung unter den Sozialdemokraten, schließlich sieht die SPD-Co-Parteivorsitzende Saskia Esken eine mögliche Erhöhung des Verteidigungsbudgets kritisch, während Verteidigungsminister Boris Pistorius dafür plädiert.   



Die Anhänger von AfD und Linken sind hingegen am wenigsten bereit, auf einen Feiertag zu verzichten, um den Wehretat zu stärken. Nur 11 Prozent der potenziellen AfD-Wähler sind dafür, bei den Linken sind es lediglich neun Prozent. Bei den Abstimmungen zum Verteidigungsbudget im vergangenen November hatte die Linke hatte kritisiert, dass vor allem die Rüstungsindustrie von dem Sondervermögen profitieren würde, sie erteilte dem Zwei-Prozent-Ziel der Nato eine Absage.

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Dass insgesamt 26 Prozent der Befragten bereit wären, einen Feiertag zu opfern, zeigt jedoch: ein beachtlicher Teil von Bürgerinnen und Bürgern wäre theoretisch zu mehr Arbeit für mehr Aufrüstung bereit.  

Welcher gesetzliche Feiertag potenziell gestrichen werden könnte, wurde in der Umfrage allerdings nicht abgefragt – da dürfte es je nach Bundesland jedoch auch noch einmal Unterschiede geben: Mit 13 Feiertagen hat Bayern so viele wie keines anderes Bundesland, die Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg sowie Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein haben die wenigsten mit 10 gesetzlichen Feiertage im Jahr.

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