Vorwurf des Steuerbetrugs SPD-Finanzminister nimmt WestLB aus der Schusslinie

Deutsche Banken, darunter die WestLB, sollen durch zweifelhafte Aktiengeschäfte den Fiskus um Milliarden Euro geschädigt haben. Die Düsseldorfer Landesregierung hält den Verdacht gegen das Institut für haltlos.

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Das Logo der WestLB in Düsseldorf. Auch nach ihrer Zerschlagung sorgt die Landesbank für Schlagzeilen. Quelle: dpa

Berlin Der Skandal um höchst umstrittene Aktiengeschäfte – sogenannte Cum-Ex-Deals - ist längst noch nicht ausgestanden. Für eine der ins Zwielicht geratenen Banken, die WestLB, ist die Sache aber wohl vom Tisch. Das legen Antworten des nordrhein-westfälischen Finanzministers Norbert Walter-Borjans (SPD) auf eine schriftliche Anfrage der FDP-Fraktion im Düsseldorfer Landtag nahe. Die Kleine Anfrage des Abgeordneten Kai Abruszat (FDP) liegt Handelsblatt Online vor.

Walter-Borjans erklärte demnach, dass der Landesregierung nicht bekannt sei, „dass die WestLB AG Cum-Ex-Geschäfte durchgeführt hat“. Auf Nachfrage habe die Portigon AG zudem mitgeteilt, „dass ihrem Vorstand aus internen und externen Prüfungsergebnissen keine Erkenntnisse vorlägen, wonach die WestLB AG Cum-Ex-Geschäfte (…) betrieben habe.“

Die FDP-Abgeordnete Abruszat reagierte erleichtert. „Die WestLB sorgt diesmal offensichtlich ausnahmsweise nicht für Negativschlagzeilen“, sagte der stellvertretende Vorsitzende des Haushaltskontrollausschusses Handelsblatt Online.

Die Vorwürfe, dass sich Banken und Investmentfonds viele Jahre durch einen Trick mit geliehenen Aktien rund um den Dividendenstichtag einmal gezahlte Steuern mehrfach erstatten ließen, richteten sich nicht nur gegen die WestLB. Auch andere Landesbanken, wie die HSH Nordbank, sollen ein entsprechendes Steuerschlupfloch bewusst genutzt haben. Im Fachjargon werden solche Deals „Cum-Ex-Geschäfte“ genannt.

Die Finanzbehörden schätzen, dass dadurch dem deutschen Fiskus ein Schaden von mehr als zwölf Milliarden Euro entstanden ist. Erst 2012 hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) dieses Steuerschlupfloch geschlossen, obwohl das Finanzministerium nachweislich schon 2002 vor der Lücke gewarnt wurde.


Bundesfinanzhof will für Klarheit sorgen

Damals machte der Bankenverband Finanzminister Hans Eichel (SPD) auf Ungenauigkeiten im Gesetz aufmerksam. Im Jahr 2007 versuchte sein Nachfolger Peer Steinbrück (SPD), diese Schwäche zu beseitigen: Er erreichte aber nur, dass anschließend mehr ausländische Gesellschaften zwischengeschaltet wurden. Im Mai 2009 legte das Ministerium nach: Seither muss der Steuerberater der Bank schriftlich erklären, dass die zurückgeforderte Steuer tatsächlich gezahlt wurde.

Die Cum-Ex-Geschäfte funktionierten in der Weise, dass Händler Aktien zu einem Zeitpunkt verkauften, zu dem sie die Aktien noch gar nicht besaßen, also sogenannte Leerverkäufe vornahmen. Aufgrund der Trägheit der Abwicklungssysteme sei dann rund 48 Stunden lang unklar gewesen, wer Eigentümer des Wertpapiers ist, und es wurden zwei Steuergutschriften erteilt.

Somit wurde das bestehende Grundprinzip des steuerlichen Erstattungsverfahrens unterlaufen, wonach nur Kapitalertragsteuer an Antragsteller erstattet werden kann, die zuvor auch abgeführt wurde. Banken und Fonds haben sich demnach zwischen 2002 und 2012 die Kapitalertragssteuer mehrfach vom Staat erstatten lassen.

Unklar ist jedoch, ob die Banken legal ein Steuerschlupfloch genutzt haben – oder ob die Geschäfte illegal waren. In Hessen und Hamburg ist es bereits zu Gerichtsverfahren gekommen.

Der Bundesfinanzhof will nun für eine endgültige Klärung sorgen. Am 18. Dezember werde sich das Gericht in einer mündlichen Verhandlung mit dem Thema befassen, teilte die Behörde vor kurzem mit. Auch das Bundesfinanzministerium ist als Verfahrensbeteiligter in die Verhandlung eingeschaltet. Für das Ministerium ist das Verfahren wegen möglicher Steuerausfälle relevant. Und auch die Banken dürften es mit Interesse verfolgen.

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