Waffenrecht AfD setzt sich für „Reichsbürger“ ein

Nach den tödlichen Schüssen eines „Reichsbürgers“ auf Polizisten in Bayern fordert Thüringens Innenminister ein verschärftes Waffenrecht. Die AfD lehnt das strikt ab und spricht von einem „Tam-Tam“ des SPD-Politikers.

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Die AfD macht gegen ein schärferes Waffenrechtmobil. Quelle: dpa

Berlin Der Fall sorgte bundesweit für großes Aufsehen und versetzte die Politik in Alarmstimmung: Ein „Reichsbürger“ aus Mittelfranken schoss vor zwei Wochen bei einer Razzia in seinem Haus in Georgensgmünd auf mehrere Polizisten. Dabei traf ein Schuss einen 32 Jahre alten Beamten tödlich. Drei weitere Beamte wurden zum Teil schwer verletzt.

Nach dem Vorfall in Bayern wurde schnell die Forderung laut, „Reichsbürgern“ ihre Waffen abzunehmen. „Wenn sich jemand der Reichsbürger-Szene anschließt, dann kann man ihm die Waffen nicht belassen“, sagte der CSU-Innenexperte Stephan Mayer. „Denn die Erlaubnis, Waffen zu besitzen, erfordert Zuverlässigkeit.“

Thüringens Innenminister Holger Poppenhäger (SPD) ging noch einen Schritt weiter. Er sprach sich dafür aus, dass der Verfassungsschutz künftig bei der Vergabe von Waffenscheinen in Deutschland mitredet. „Es ist an der Zeit, dass die Erkenntnisse des Verfassungsschutzes in die Prüfung der Zuverlässigkeit durch die Waffenbehörden einfließen“, erklärte Poppenhäger. Er sieht in den „Reichsbürgern“ eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit.

„Reichsbürger“ erkennen die Bundesrepublik nicht als Staat an. Sie sprechen Behörden und Gerichten die Legitimität ab und akzeptieren auch amtliche Bescheide nicht.

Poppenhäger forderte das Bundesinnenministerium auf, eine notwendige Verschärfung des Waffenrechts zügig umzusetzen. Er verwies auf einen Gesetzentwurf aus Hessen, der vom Bundesrat mehrheitlich angenommen worden sei. Dieser sehe vor, dass die Waffengenehmigungsbehörden bei den Verfassungsschutzämtern personenbezogene Informationen abfragen können, wenn es um die Genehmigung von Waffenerwerb oder -besitz gehe.

Die AfD im Thüringer Landtag lehnte den Vorstoß rundweg ab. „Bei dem ganzen Tam-Tam des Innenministers wird deutlich: Der Reichsbürger-Vorfall dient der rot-rot-grünen Landesregierung als Vorwand, um das altlinke ideologische Projekt der zwangspazifizierten und entwaffneten Gesellschaft durchzusetzen“, erklärte Jörg Henke, innenpolitischer Sprecher der AfD-Fraktion im Erfurter Landtag.


AfD-Bundesvorstandsmitglied will Waffenbesitz erleichtern

Henke betonte, dass die AfD gegen jede Verschärfung des Waffenrechts sei. „Legale, gesetzestreue Waffenbesitzer dürfen nicht für das Fehlverhalten von Kriminellen, Terroristen und Extremisten bestraft werden“, betonte er. „Eine anhaltlose Regelabfrage beim Verfassungsschutz, wenn jemand eine Waffenbesitzkarte beantragt, lehnen wir folglich ab.“ Jemand, der eine Waffe für die Jagd oder den Schießsport besitzen will, dürfe „nicht als Verfassungsfeind unter Generalverdacht gestellt werden“.

Die AfD steht seit jeher für ein liberales Waffenrecht. „Ein liberaler Rechtsstaat muss seinen Bürgern vertrauen“, heißt es im Grundsatzprogram der Partei. „Er muss es nicht nur ertragen können, dass Bürger legal Waffen erwerben und besitzen, sondern muss die Handlungsfreiheit seiner Bürger bewahren und freiheitsbeschränkende Eingriffe minimieren.“

Die AfD widersetze sich daher jeder Einschränkung von Bürgerrechten durch ein Verschärfen des Waffenrechts. „Die Kriminalisierung von Waffenbesitz schreckt Täter nicht ab, sondern macht Opfer wehrloser.“ Ein strengeres Waffenrecht wäre aus Sicht der AfD deshalb „ein weiterer Schritt in die Kriminalisierung unbescholtener Bürger und in den umfassenden Überwachungs- und Bevormundungsstaat.“

Die AfD in Sachsen-Anhalt will den Waffenbesitz sogar noch erleichtern. Der kleine Waffenschein müsse wieder abgeschafft werden, forderte jüngst der Vorsitzende der AfD im Magdeburger Landtag, André Poggenburg, denn man könne mit den damit erworbenen Waffen nur „Platzpatronen (!)“ verschießen. Seine Forderung wollte Poggenburg, der selbst Mitglied im Bundesvorstand ist, in das Programm der Bundespartei schreiben lassen. Mit seinem Änderungsantrag konnte er sich jedoch nicht durchsetzen.

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