Wahl des Bundespräsidenten Österreich wählt, Bayern bangt

Bayern und Österreich verbindet weit mehr als die Grenzziehung. Viele Deutsche arbeiten in der Alpenrepublik, in der Flüchtlingskrise kooperierte man eng miteinander. Die Wahl am Sonntag könnte einiges ändern.

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Norbert Hofer, FPÖ-Kandidat, will Bundespräsident in Österreich werden. Das könnte die Beziehung zu Bayern erschüttern. Quelle: AP

Wien Stolze 818 Kilometer ist die Grenze zwischen Bayern und Österreich lang. Doch Deutschlands südlichsten Freistaat und die Alpenrepublik verbindet weit mehr als die Grenzziehung. Enge Wirtschaftskontakte, Überschneidungen bei Mundart, Brauchtum und eine jahrhundertelange gemeinsame Geschichte haben hüben wie drüben die Menschen geprägt. „Wenn man Bayern und Österreich googelt, dann vervollständigt Google mit den Worten „Bayern und Österreich gehören zusammen““, umschreibt Anfang November Österreichs Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) das Verhältnis auf dem CSU-Parteitag in München.

Für Österreicher sei Bayern auch deshalb das liebste Ausland, weil sie dort zwar nicht mehr in Österreich, aber noch nicht so „richtig in Deutschland“ seien, betont Kurz. Der Applaus der CSU fällt groß aus, auch deshalb, weil wohl auch viele Bayern so empfinden. Nicht nur im Sport beim erfolgsverwöhnten FC Bayern München kulminiert diese bajuwarische Mentalität im „Mia san Mia“.

Wenn am Sonntag in Österreich ein neuer Bundespräsident gewählt wird, hat das Ergebnis logischerweise auch für die Bayern Bedeutung – nicht nur für die laut Kurz rund 100.000 „Auslands-Österreicher“, die in Bayern leben. Auch die Bayern, die Jahr für Jahr gen Süden zu ihren Nachbarn in den Urlaub fahren oder Tag für Tag dort arbeiten. Die Achse München/Wien trägt auf allen Ebenen viele Früchte – und Sorgen, denn der drohende Rechtsrutsch in Österreich bereitet auch vielen Bayern Kopfschmerzen, demokratische Wahl hin oder her.

Zwar hätte die Wahl des EU-Kritikers und FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer zum österreichischen Staatsoberhaupt sicher keine direkten Konsequenzen für das alltägliche Miteinander. Doch perspektivisch könnten Erfolge für eine rechtspopulistische FPÖ auch im Freistaat Signale setzen, die zumindest die etablierten Parteien um jeden Preis verhindern wollen. Schon im kommenden Jahr steht die Bundestagswahl an, 2018 folgt die Landtagswahl. Laut CSU-Chef Horst Seehofer zwei existenzielle Urnengänge, bei denen nicht nur die CSU wegen der AfD um Stimmen bangen muss.

Direkt kommentieren will dies aber vor der Wahl natürlich kein Regierungsmitglied. „Es ist doch klar, dass die Wahl in Österreich für uns wichtiger ist als eine Wahl in Portugal“, sagt ein Kabinettsmitglied. Offiziell klingt es anders: „Bayern arbeitet mit seinen österreichischen Nachbarn in vielen Bereichen gut, verlässlich und erfolgreich zusammen“, sagt Europaministerin Beate Merk (CSU).


Bayern unterstützt Österreich in der Flüchtlingspolitik

Beispiele für die vielen engen Kooperationen auf praktisch allen politischen wie gesellschaftlichen Ebenen gebe es viele: bei der Polizei ebenso wie beim Hochwasserschutz und in der Wasserwirtschaft etwa an Donau, Inn und Salzach oder im medizinischen Bereich.

Wie eng Bayern und Österreich agieren, zeigt sich aktuell in der Flüchtlingspolitik. „Derzeit ist die Lage am Brenner ruhig, so dass sich dort die Frage von Grenzkontrollen aktuell nicht stellt“, betont Merk. Sollten jedoch wieder Flüchtlinge von Italien nach Österreich kommen, gelte die Zusage Bayerns, Österreich bei Bedarf mit Polizei zu unterstützen. „Denn für uns Bayern ist klar: Als Freunde helfen wir einander, wenn dies notwendig ist“, sagt Merk.

Auch auf kommunaler Ebene wird mit großem Interesse auf den Wahlsonntag geschaut, wie es im an die Mozartstadt Salzburg grenzenden Städtchen Freilassing heißt: „Europa steht vor großen Herausforderungen, speziell beim Thema Asyl“, sagt Bürgermeister Josef Flatscher (CSU). „Hier wird sich der Bundespräsident einbringen müssen, sowohl nach innen als auch nach außen. Er erwarte, dass der neue Bundespräsident „im Sinne des europäischen Gedankens und der notwendigen Europäischen Gemeinschaft handelt“.

Bayerns Gebirgsschützen schauen ebenfalls nach Wien. Traditionell bestehen zwischen den Schützen beider Länder enge Verbindungen. „Es ist wichtig, dass das gute nachbarschaftliche Verhältnis mit unseren Tiroler Freunden weiterhin besteht“, sagt der Landeshauptmann der bayerischen Gebirgsschützen-Kompanien, Karl Steininger. „Ich hoffe, dass auch der neue österreichische Bundespräsident zu den Gebirgsschützen steht, egal, wer es wird“, so der 77-Jährige. Mit Blick auf die Pannen beim ersten Wahlversuch meint Steininger: „Hoffentlich klappt es dieses Mal, so dass die Wahl nicht wieder angefochten werden kann.“ Auch eine typisch bajuwarische Sicht.

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