




Hinter den verschlossenen Türen des FDP-Präsidiums ging es so leise zu wie in der Kongresshalle am Alexanderplatz, wohin die Liberalen zur Wahlparty geladen hatten. Grabesstille hier wie dort. Fassungslos nahmen die Präsiden und einige Mitarbeiter erst die Vorabprognosen, dann die Daten aus den beiden Fernsehsendern entgegen. „Wir waren alle paralysiert“, berichtet einer der Teilnehmer. Dass fast alle Institute die FDP von Anfang an klar unter der Fünf-Prozent-Hürde sehen würden, das hat keiner hier erwartet. Keine Diskussion, keine Anklagen. Der stellvertretende Bundesvorsitzende Christian Lindner hatte schon vorher intern angekündigt, dass er kurz nach den ersten Hochrechnungen vor die Fernsehkameras treten werde. Dass dies als Signal gewertet würde, dass er künftig die Führung der Partei übernehmen könnte, war den anderen einerlei. Sie wissen: Es gibt ohnehin keinen anderen mehr.
Als dann das Präsidium geschlossen, allerdings wie in den letzten Jahren unvermeidlich begleitet von Röslers Frau Wiebke, in der Kongresshalle vor die enttäuschte Anhänger trat, wurde die Schuldzuweisung schnell sichtbar. Brüderle und Rösler sprachen, die anderen hielten gehörigen Abstand. Noch-Außenminister Guido Westerwelle und Entwicklungskollege Niebel applaudierten an den nötigen Stellen langsam und mechanisch, wie man es früher aus dem Politbüro der KPdSU kannte. Sie nehmen den beiden Vorleuten ganz sichtbar übel, dass sie ihnen Amt und Gestaltungsmöglichkeit genommen haben.
Im Endspurt haben die Wähler den klassischen FDP-Slogan beherzigt: Leistung muss sich wieder lohnen. Denn nach der winseligen Zweitstimmenkampagne, die keinen Inhalt mehr mit der eigenen Partei verband, sondern nur noch den Machterhalt für sich und Angela Merkel, mochten die bürgerlichen Wähler diesmal nicht mehr der FDP über die Hürde helfen. Offenbar entschlossen sich dann etliche der bis dahin unentschiedenen Wähler, dann doch lieber direkt für Merkel zu stimmen.
„Ich habe nichts gegen eine Zweitstimmenkampagne“, sagt Alexander Pokorny, früheres Mitglied des Bundesvorstandes. „Aber die Leute wählen niemanden, der ihnen gerade sagt, wie verzweifelt er ist. Wir haben durch die Form dieser Kampagne Stimmen verloren.“