Wahlsager

Nichtwähler entscheiden, wer Kanzler wird

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Sinkende Wahlbeteiligung?

Nichtwähler

Für den Wahlkampf 2013 heißt all das wenig. Zwar rechnen die meisten Beobachter mit einem erneuten Absinken der Wahlbeteiligung. Doch ihre Argumentationskette erinnert frappierend an die einfachen Denkmuster von Finanzmarktakteuren in ruhigen Zeiten: Als die Wahl 1998 ihren Höchststand in jüngeren Zeiten erreichte, lag sie bei 82,2 Prozent, 2009 waren es 70,8 Prozent. Macht pro Wahl ein durchschnittliches Absinken von 3,8 Prozentpunkten von Wahl zu Wahl. Für 2013 hieße das: Die Wahlbeteiligung wird irgendwo rund um 67 Prozent liegen.

Doch ein einfaches Fortschreiben dürfte zu simpel sein. Denn die Wahlbeteiligung gehorcht nicht nur  langfristigen Entwicklungen, sondern wird auch von der Polarisierung einer Wahl beeinflusst. Klassisches Beispiel hierfür ist die Wahl 1998: Seit über 20 Jahren war die Wahlbeteiligung nicht mehr nennenswert gestiegen, in manchen Jahren sogar deutlich gesunken. Der langfristige Trend schien klar – und wurde doch gebrochen. 1998 lag die Wahlbeteiligung drei Prozentpunkte höher als 1994.

Für die Wahl 2013 sind damit drei Szenarien denkbar, je nach dem an welche der Einflussgrößen man grundsätzlich glaubt und welchen Einfluss man ihnen beimisst.

1) Polarisierung spielt keine Rolle, der Trend setzt sich fort, die Wahlbeteiligung sinkt erneut deutlich.

2) Die Polarisierung ist ausschlaggebend und hat den scheinbaren Abwärtstrend ausgelöst. Die Wahlbeteiligung steigt deutlich an.

3) Polarisierung und langfristig sinkende Wahlneigung spielen eine Rolle. Die Wahlbeteiligung sinkt oder steigt moderat.

Setzt sich der Abschwung fort? - Wahlbeteiligung in Prozent, Szenarien für 2013

Wir halten das Szenario 3 am ehesten für realistisch. Wahlen wie 1998 (Anstieg) und 2009 (deutlicher Rückgang) haben gezeigt, dass die Polarisierung eine Rolle spielt. Wenn die Menschen den Eindruck haben, dass es einen Unterschied macht, ob sie zur Wahl gehen, hat einen Einfluss auf die Wahlbeteiligung. Bei einem charismatischen Oppositionsführer verstärkt sich dieser Effekt noch einmal.

Für 2013 heißt das dennoch, dass die Wahlbeteiligung leicht sinken könnte. Denn die Polarisierung dürfte angesichts des bisherigen Verlaufs des Wahlkampfes zwar größer sein als 2009, aber nicht ansatzweise vergleichbar mit 1998. Dennoch zeigen die Auswirkungen der Polarisierung, was vor lauter Sorge über die sinkende Wahlbeteiligung gerne untergeht: Die Parteien und ihr Personal haben es zu einem entscheidenden Anteil nach wie vor selbst in der Hand, ob sich die Bevölkerung für Politik begeistert.

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