Walter Kohl „Merkel hat sich schäbig verhalten“

Der älteste Sohn von Altkanzler Helmut Kohl erhebt schwere Vorwürfe gegen Angela Merkel. Durch ihr Verhalten in der CDU-Spendenaffäre habe Sie ein „nicht unerheblichen Anteil“ am Tod seiner Mutter.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Dass Merkel (hier auf einem Bild aus dem Jahre 1995) sich in der CDU-Spendenaffäre von Kohl distanzierte, soll nach Aussagen von Kohls Sohn Walter zum Tod von Hannelore Kohl beigetragen haben. Quelle: Reuters

Berlin Im Jahr 2001 steckte Walter Kohl, der älteste Sohn von Altkanzler Helmut Kohl, in einer existenziellen Lebenskrise: Die CDU-Spendenaffäre lastete schwer auf der Familie, seine Mutter Hannelore Kohl nahm sich das Leben, seine erste Ehe ging in die Brüche. Doch Kohl überwand die Krise  und wandelt seitdem nach eigenem Bekunden auf dem „Weg der Versöhnung“. Als Coach will der 53-Jährige Hilfesuchende zum inneren Frieden führen. Doch nun brechen schmerzende Erlebnisse aus der Vergangenheit bei Walter Kohl selbst wieder hervor.

Zumindest erhebt er schwere Vorwürfe gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU): „Für mich hat Frau Merkel einen nicht unerheblichen Anteil am Tod meiner Mutter“, klagt Kohl im aktuellen „Zeit“-Magazin. Merkel habe sich „schäbig“ verhalten. Walter Kohl verweist im Interview mit dem Magazin auf die Parteispendenaffäre von 1999, damals war Angela Merkel CDU-Generalsekretärin. Sie distanzierte sich zu dieser Zeit scharf vom langjährigen Partei- und Regierungschef Helmut Kohl, weil der die Herkunft illegaler Spenden an die CDU nicht preisgab.

Merkels Positionen erschienen seinerzeit als Gastbeitrag in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Ihm, so betont nun Walter Kohl, gehe es nicht um diesen Brandbrief, sondern grundsätzlich um „das menschliche Verhalten von Angela Merkel in diesem parteiinternen Machtkampf“. Zu keinem Zeitpunkt habe Merkel damals öffentlich gesagt, die Familie aus dem Spiel zu lassen. Dabei habe sie genau gewusst, dass seine Mutter schwer krank gewesen sei. Hannelore Kohl litt damals an einer schweren Lichtallergie.

„Als Politikprofi wusste Frau Merkel, dass sie eine Lawine lostritt, die unsere Mutter und unsere Familie schwer beschädigen würde“, sagt Walter Kohl.  „Dies ist der Vorwurf, den ich Frau Merkel mache: dass sie im Machkampf in der CDU das Leid meiner Mutter einfach als Kollateralschaden hingenommen hat“, betont Kohl.

Obwohl seine Mutter mit der CDU-Affäre nichts zu tun gehabt habe, sei sie nach Merkels Distanzierung öffentlich „auf übelste Art geschmäht“ worden. Sie sei sogar als „Spendenhure“  beschimpft worden, berichtet Kohl. „Sie wurde zur Unperson. Für sie war das alles umso schmerzhafter, weil sie sich von Angela Merkel verraten fühlte“, erklärt Kohl.  Merkel und Hannelore Kohl seien einmal eng befreundet gewesen.

Als Merkel 1990 als Ministerin nach Bonn gekommen sei, habe seine Mutter ihr für das dortige Parkett die Spielregeln beigebracht, berichtet nun Walter Kohl. „Die beiden haben sich häufig getroffen und viel miteinander gesprochen. Von meiner Mutter weiß ich, dass sie sich gegenseitig sehr persönliche Dinge anvertraut haben. Es war eine Freundschaft.“ Hannelore Kohl habe „diesen Verrat an ihrer Freundschaft nie verkraftet“.

Als sie „persönlich einmal Schutz gebraucht hätte, wurde sie von Frau Merkel fallengelassen“, sagt Walter Kohl. Merkel habe sich danach nie wieder bei seiner Mutter gemeldet.

Kohl berichtet auch von Protokollen aus dem CDU-Präsidium, die ihm einst sein Vater gezeigt habe. „Daraus geht hervor, dass Frau Merkel zu Beginn der Spendenaffäre intern sagte: Wir dürfen Helmut Kohl, von dem wir viele Jahre profitiert haben, nicht im Regen stehen lassen. Vor allem müssen wir auch seine Familie schützen“. Dann sei der Bruch gekommen.

Kohl, der der früher als Investmentbanker in New York und als Controller für deutsche Unternehmen arbeitete und heute gemeinsam mit seiner Ehefrau eine Firma in der Automobilindustrie führt, beteuert, es gehe ihm nicht darum, die Schuld seines Vaters an der Spendenaffäre zu relativieren. Helmut Kohl habe „wahrlich viel dafür getan“, dass die Spendenaffäre eskaliert sei.

Zu seinem Vater hat Walter Kohl nach eigenen Angaben keinen Kontakt mehr. „Nachdem mein Vater für mich nicht mehr erreichbar sein wollte, habe ich beschlossen, meinen einseitigen Frieden damit zu machen“, berichtet Walter Kohl in dem Interview.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%