Wasserstoff So schaffen wir die moderne Industrie

Wasserstoff kann ein wesentliches Fundament für die Transformation von Industrien mit hohem Energiebedarf werden, ebenso für emissionsstarken Verkehr wie Luft- und Schifffahrt. Quelle: dpa

Der Schutz von Beschäftigten und Klima darf nicht übergangen werden im Transformationsprozess der Wirtschaft. Die Wechselwirkungen sind komplex, innovative Technologien bieten eine Chance. Das zeigt der Wasserstoff. Ein Gastbeitrag.

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Die Industrie steht vor grundlegenden Herausforderungen – aber kann diese Transformation der Industrie ausgeglichen gestaltet werden? Schließlich darf weder die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit unseres Landes aufs Spiel gesetzt werden, noch dürfen Belange der Beschäftigten oder Klimaschutzfragen übergangen werden.

So vielfältig wie die Industrie aufgestellt ist, so vielfältig müssen deshalb die Antworten auf diese Transformation sein. Klimawandel und technologischer Fortschritt fordern ein Zusammendenken von Industrie, Umwelt und Arbeit. Für eine zukunftsfähige Transformation der Industrie müssen die komplexen Wechselwirkungen zwischen diesen Bereichen berücksichtigt und in gemeinsamen Maßnahmen zusammengeführt werden. Innovative Technologien bieten uns die Chance, die Industrie wettbewerbsfähig zu transformieren und dabei Umweltverträglichkeit und die Interessen der Beschäftigten gleichsam zu berücksichtigen.

Als Beispiel für den Einsatz innovativer Lösungen sei grüner Wasserstoff genannt. Dieser kann ein wesentliches Fundament für die Transformation von Industrien mit hohem Energiebedarf werden, ebenso für emissionsstarken Verkehr wie Luft- und Schifffahrt. In Deutschland bieten sich dafür große Potenziale, insbesondere an den Küsten: Regenerative Energie durch Windkraft schafft die Grundlage für die Erzeugung von grünem Wasserstoff direkt vor Ort. Durch den Bau von Offshore-Windkraftanlagen können sowohl Kapazität wie auch eine konstante Verfügbarkeit weiter aufgebaut werden.



Die Seehäfen können als Knotenpunkte dienen für den Aufbau einer wasserstoffbasierten Industrie: Grüne Wasserstoffproduktion an der Küste kann gekoppelt werden mit Logistikinfrastruktur für Im- und Export, einer entsprechenden Hinterland-Anbindung sowie dem Auf- und Umbau von Industrie direkt vor Ort. Es werden insbesondere die energieintensiven Industriezweige sein, deren zeitnahe Transformation auf regenerative Energiequellen unumgänglich sein wird.

Für die deutsche Stahlindustrie wird beispielsweise kein Weg an Wasserstoff als Energieträger vorbeiführen, wenn wir diese Industrie bei uns erhalten wollen. Direktreduktionsanlagen, betrieben mit grünem Wasserstoff, ermöglichen die Herstellung von grünem Stahl. Aktuell stehen wir hier vor der Herausforderung der Skalierbarkeit. Modellprojekte müssen zeigen, wie sich entsprechende Liefer- und Produktionsketten effektiv aufbauen lassen und so die Grundlage für eine solche Stahlproduktion in industriellem Maßstab schaffen. Auch hier bietet sich eine Verortung an der Küste in Hafenlage an: Nähe zur Energiequelle, Importmöglichkeit für benötigte Rohstoffe und Transportwege über See und Land für den Export oder zur Weiterverarbeitung.

Hier lässt sich der Schwerlastverkehr miteingliedern in die Wasserstoffkette, denn für das Erreichen der Klimaziele wird auch das notwendig werden. Anders als beispielsweise bei Pkws, wird Elektromobilität in der Schiff- und Luftfahrt absehbar nicht die Lösung für Klimaneutralität sein. Stattdessen werden synthetische Kraftstoffe eine wesentliche Rolle spielen – und hier kommt grüner Wasserstoff als Basis für deren Produktion mit ins Spiel. Auch hier könnten Häfen wieder als Knotenpunkte fungieren: Eine wie oben beschriebene Wasserstoffproduktion vor Ort kann durch entsprechende Skalierung Grundlage für die Kraftstoffproduktion für die Betankung von Schiffen legen. Bei entsprechender Kapazität und Infrastrukturanbindung – über eventuell vorhandene Pipelines oder eben Tanklastverkehr – könnten auch Bedarfe beispielsweise an Flughäfen bedient werden.

von Konrad Fischer, Stefan Hajek, Thomas Stölzel

Die Bundesregierung hat die zentrale Rolle von Wasserstoff bereits mit der Nationalen Wasserstoffstrategie gewürdigt. Nun müssen die konkreten Rahmenbedingungen schnell und zielgenau von den zuständigen Bundesministerien ausdekliniert werden: Wir brauchen eine umfassende Förderung von Modellprojekten, beispielsweise für die genannten Direktreduktionsanlagen in der Stahlindustrie, um Hürden und Praxistauglichkeit für die industrielle Produktion zu erreichen. Gleiches gilt für die Förderung von Forschung und Entwicklung: Nur durch umfassendes technologisches Know-how wird uns eine innovative, nachhaltige Transformation der Industrie gelingen. Niedrigschwellige Forschungsförderprogramme, die sowohl innovative Lösungen hervorbringen als auch deren Transfer in die praktische Umsetzung, werden für eine konkurrenzfähige Wasserstoffwirtschaft unerlässlich sein.

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Was dabei nicht vergessen werden darf: Technologien und Strukturwandel von Branchen sind das eine, aber eine nachhaltige Transformation der Industrie wird ohne die Beschäftigten nicht gelingen. Schon jetzt ist der Fachkräftemangel branchenübergreifend eine zentrale Herausforderung. Neben attraktiven Ausbildungsbedingungen zukünftiger Fachkräfte, wird es für Unternehmen zukünftig noch wichtiger werden, ihre Beschäftigten und damit vorhandenes Wissen zu halten. Fachkenntnisse und Erfahrung einer hoch qualifizierten Belegschaft werden Grundlage und Wettbewerbsvorteil gleichermaßen für einen erfolgreichen Wandel der Industrie sein. Hier liegt es an den Unternehmen, dies ehrlich zu erkennen, ihre Belegschaften einzubinden und so gemeinsam den tiefgreifenden Wandel erfolgreich zu gestalten.

Mehr zum Thema: Die Wasserstoffrally mündet in einer scharfen Korrektur. Auch der Elektrolysespezialist Nel Asa ist im Abwärtssog. Sollten Anleger jetzt den Stecker ziehen oder setzt die Börse die Nel-Asa-Aktie bald wieder unter Strom?

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