Wehret dem Tankrabatt Ein Tankzuschuss mag Wählerstimmen bringen – doch sinnvoll ist er nicht

Der Benzinpreis ist heiß. Trotzdem sollte er nicht subventioniert werden. Quelle: Imago

Ein Spritpreis von zwei Euro als „Orientierungspunkt“? Finanzminister Christian Lindners Vorschlag geht fehl. Der Staat sollte Preise nicht künstlich senken. Gerade jetzt brauchen wir ihre Lenkungswirkung. Ein Kommentar.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Ja, klar, die Preisanzeigen an den Tankstellen sehen derzeit verrückt aus. Ja, klar, viele Menschen werden von den hohen Tankkosten finanziell stark belastet, wenn nicht überfordert. Pendler, Familien, Landbewohner, die aufs Auto angewiesen sind beispielsweise. Darum ist es verständlich, dass viele Forderungen und Ideen laut werden.

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat nun einen staatlichen Tankzuschuss ins Spiel gebracht. Der könnte 30 oder 40 Cent pro Liter betragen, so Lindner. Dabei solle ein Liter Sprit unter dem Strich nicht mehr als zwei Euro kosten, als „Orientierungspunkt“. Das Ganze müsse aber zeitlich befristet werden und an den Zapfsäulen würde weiter der normale, unrabattierte Preis stehen, schob Lindner nach. Da blitzte er kurz auf, der Marktwirtschaftler Lindner, der um die essentielle Lenkungswirkung von Preisen weiß – von Marktpreisen. Die sorgen dafür, dass Angebot und Nachfrage in Ausgleich kommen. Je knapper ein Gut ist, desto höher sein Preis.

Lindners beschwichtigende Nachschübe ändern nichts daran, dass Preise derzeit im Wettstreit um die öffentliche Meinung zum Auslaufartikel geworden sind. Ein Strompreisdeckel? Ein Gaspreisdeckel? Was vor Kurzem noch unvorstellbar schien, ist längst im Mainstream angekommen. Sollte der Spritpreis auf zwei Euro gedeckelt werden, dann werden Autofahrer ihr Tankverhalten nach diesem Preis anpassen – egal, ob an der Zapfsäule nun 2,20 Euro oder 2,40 Euro steht. Sprich: Sie werden tendenziell mehr tanken, als mit Blick auf die angespannte Marktlage angebracht wäre.

Ein solcher Rabatt mag Wählerstimmen bringen. Sinnvoll ist er nicht. Gerade jetzt brauchen wir unverfälschte Preise. Wenn die Tankquittung hoch und die Stromrechnung teuer ist, dann passen Autofahrer und Stromkunden ihr Verhalten an.

Geht nicht? Doch, sehr oft geht es schon. Die heruntergedrehte Heizung ist schon zum geflügelten Wort geworden. Pendler bilden Fahrgemeinschaften. Die Wäsche trocknet auf dem Wäscheständer, nicht im Trockner.
Lesen Sie auch, wie die hohen Dieselpreise Spediteure belasten und warum Guido Altenburg seinen Betrieb mit sechs Lkw bereits dicht gemacht hat.

So lässt sich die Belastung nicht komplett nehmen. Und manche können ihren Verbrauch kaum senken. Das stimmt. Deshalb ist ein sozialer Ausgleich einiger Härten nötig. Nur sollte der nicht über den Preis erfolgen. Zum einen profitieren sonst auch die, die es gar nicht nötig haben. Zum anderen nehmen wir den Preisen ihre wichtige Lenkungsfunktion. Besser noch wäre da eine pauschale Gutschrift, unabhängig vom tatsächlichen Verbrauch. So bliebe wenigstens der Anreiz zum Strom- und Spritsparen erhalten.

Dieser Beitrag entstammt dem neuen WiWo-Newsletter Daily Punch. Der Newsletter liefert Ihnen den täglichen Kommentar aus der WiWo-Redaktion ins Postfach. Immer auf den Punkt, immer mit Punch. Außerdem im Punch: der Überblick über die fünf wichtigsten Themen. Hier können Sie den Newsletter abonnieren.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%