
„Dieser Fall könnte der Auslöser dafür werden, dass die Rechtsprechung bei Werkverträgen die Zügel anzieht“, sagte der Arbeitsrechtsprofessor Wolfgang Hamann von der Uni Duisburg-Essen, einer der führenden deutschen Werkvertragsspezialisten. In dem Fall geht es um einen Angestellten der Düsseldorfer Reinigungsfirma Klüh, der bei der Bertelsmann-Dienstleistungstochter Arvato Systems per Werkvertrag als Hausmeister eingesetzt war. Der Betroffene hatte in der ersten Instanz vor dem Arbeitsgericht Bielefeld gegen Bertelsmann gewonnen, weil die Richter seine Tätigkeit bei der Konzerntochter als Scheinwerkvertrag gewertet und ihn damit zu einem vollwertigen Mitglied der Arvato-Stammbelegschaft erklärt hatte. Gegen das Urteil hatte Bertelsmann Berufung eingelegt. Bestätigt das LAG nun die erstinstanzliche Entscheidung, würden die Arbeitsgerichte künftig nicht mehr „vieles als Werkvertrag durchwinken, was faktisch Arbeitnehmerüberlassung ist“, so der gewerkschaftsunabhängige Experte.
„Es gibt bei Bertelsmann eine Reihe vergleichbarer Situationen. Einige Beschäftigte stehen in den Startlöchern und wollen ebenfalls klagen“, sagte der Bielefelder Verdi-Jurist Ralf Hartmann dem Magazin. Bertelsmann dagegen sieht die Klage des ehemaligen Werkvertrags-Hausmeisters „als Sonderfall“. Allerdings laufen gegen Verantwortliche von Arvato und Klüh derzeit Vorermittlungen der Staatsanwaltschaft Bielefeld wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz sowie des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt.
Werten Gerichte die Auslagerung von Arbeiten auf Fremdfirmen als Scheinwerkvertrag, gilt dies rechtlich als unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung. Die Unternehmen müssen die betroffenen Arbeitnehmer dann in ihre eigene Belegschaft eingliedern und in vielen Fällen wegen der höheren Bezahlung Löhne und Sozialabgaben nachbezahlen. Bisher fiel es den Beschäftigten allerdings schwer, den Beweis anzutreten, was sich nun durch den Rechtsstreit bei Bertelsmann ändern könnte.