Werner knallhart

Die drei fiesesten Totschlag-Argumente

Man muss nicht recht haben. Aber man kann zumindest den Argumenten des Gegners den Teppich wegziehen. Lassen Sie sich das nicht gefallen – machen Sie es selber!

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Quelle: dpa

Ich erinnere mich an einen kleinen rhetorischen Triumph als Teenager, da war ich etwa 15. Ich war allein zu Hause, da klingelte es an der Tür und vor mir stand ein etwa 60 Jahre alter Mann mit einem Jungspund, ganz offenbar sein Eleve, etwas jünger als ich. Die beiden waren dem Wachturm nach von den Zeugen Jehovas und der Mann sagte zum Jungen: „Ach guck mal, auch ein junger Mann, dann überlasse ich einfach mal dir das Wort. Der junge Mann wird doch sicher nicht böse sein, wenn du ihm ein paar Fragen stellst.“

Ich sagte: „Doch.“

„Wie? Sie würden ihm böse sein?“

„Ja.“

„Ach so, na dann: Komm, wir gehen lieber.“

Diskussion beendet. Der Kleene hatte seine Lektion gelernt: Billige rhetorische Tricks gehen nach hinten los, wenn der andere das Spiel entlarvt. Und das ist ja das Prinzip rhetorischer Kniffe: Dem anderen keine Wahl lassen, als dem, was Sie sagen, gedanklich zuzustimmen. Wer das durchschaut, kann kontern.

Sind Sie auch rhetorisch der Chef?
Mitarbeiter machen nicht, was sie sollenWenn Mitarbeiter nicht wissen, was es ihnen persönlich einbringt, dann machen sie in den seltensten Fällen, was ihnen gesagt wird. Deshalb sollten die Manager persönliche Anreize setzen und erklären, was der Vorteil für den individuellen Mitarbeiter ist: Ob er Fußballkarten, einen Bonus oder eben Karten für die Oper möchte, Sie sollten ihm den Wunsch erfüllen. Quelle: dpa/dpaweb
4. Effektiv kommunizierenIst erstmal ein Aktionsplan erstellt, sollten ihn auch alle Mitarbeiter verstehen. Konkret bedeutet das, dass Sie Ihre Pläne mit allen Kollegen teilen und diese um Ihre Meinung bitten sollten. Dank Chester Barnards Klassiker "The functions of the executive" ist bekannt, dass Organisationen in Wahrheit durch Informationen zusammengehalten werden, nicht durch gutes Management oder Besitzverhältnisse.Druckers Tipp: Sparen Sie nicht an Informationen, sondern kommunizieren Sie Ihre Pläne. Dabei sollten Sie auch untergebene Mitarbeiter nicht ausschließen. Quelle: dpa
Mit den Enttäuschten reden! Bei Umstrukturierungen wird immer jemand der Leidtragende sein: Damit der Enttäuschte nicht auf Rache sinnt, sollte mit ihm geredet werden. Persönliche Anerkennung in wenigen Sätzen kann manchmal dafür sorgen, dass er die Kröte besser schluckt. Und Sie und die Firma in Ruhe lässt. Quelle: REUTERS
5. Chancenorientiert denkenEs klingt wie eine Floskel, ist aber ein effektives Element guten Managements. Erfolgreiche Führungskräfte konzentrieren sich auf Chancen, nicht auf Probleme. Japan geht dabei als gutes Beispiel voran: Dort wird sichergestellt, dass vorhandene Chancen nicht von Problemen erdrückt werden. Dabei spielt auch die Stellenbesetzung eine wichtige Rolle. Japanische Führungskräfte lassen ihre besten Mitarbeiter an Chancen arbeiten, nicht an Problemen.Druckers Tipp: Probleme und Risiken gibt es überall – aber auch Chancen. Stellen Sie diese in Ihrem Unternehmen in den Mittelpunkt. Auch Probleme lassen sich in Chancen umwandeln, indem Sie sich fragen: Wie können wir diese Veränderung oder jenes Problem als Chance für unser Unternehmen nutzen? Quelle: dpa
Das Kündigungsgespräch: kurz und schmerzlosMachen Sie es sich und ihrem bald Ex-Mitarbeiter nicht schwerer als es ist: Zwei, drei Sätze reichen, um keine der beiden Seiten unnötig zu belasten. Und helfen Sie Ihrem ehemaligen Mitarbeiter dann noch, indem Sie ihm schnell und unbürokratisch seine Papiere geben und ihm ein Arbeitszeugnis schreiben. Quelle: dpa-tmn
Konsequenzen dramatisieren!Sie müssen unpopuläre Maßnahmen wie Kostensenkungen und Budgetkürzungen kommunizieren? Kein Problem, wenn Sie nur dramatisch und konsequent sind. Denn nur dann können die Mitarbeiter Ihre Maßnahmen nachvollziehen. Die meisten Manager schreiben Mails, weil sie die nicht beantworten müssen. Ein Gespräch mit dem Mitarbeiter könnte hingegen zu unbequemen Nachfragen führen. Quelle: dpa
Loben Sie die Mitarbeiter namentlich!Seien Sie kein eitler Hahn, sondern geben Sie etwas vom Erfolg auch an Ihre Mitarbeiter zurück. Ein rhetorisch guter Manager lobt sein Team namentlich - das führt auch bei gelobten Mitarbeiter zu einem kleinen Motivationsschub. Quelle: dpa

Totschlag-Argument 1: „Das kann man doch gar nicht miteinander vergleichen.“

Zunächst einmal gilt: Man kann alles mit einander vergleichen. Sogar Äpfel mit Birnen. Ein Apfel ist kugeliger als eine Birne. Fertig ist der Vergleich.

Oft kommt bei einem Vergleich auch heraus, dass Gemeinsamkeiten bestehen.

„Ich mag Eis mit Schlagsahne viel lieber als Schweinshaxe.“

„Was ist das denn für ein abstruser Vergleich?“

„Wieso? Beides sind Kalorienbomben.“

Jeder Vergleich ist also erlaubt, es kommt nur auf den Aspekt an, den man herausgreift. Und das ist die Crux. Denn hier gräbt man sich ganz schnell selber eine Grube:

„Ich verstehe nicht, warum in Berlin in Kneipen immer noch geraucht werden darf. In Thailand darf man mitunter sogar nicht mal mehr unter freiem Himmel rauchen.“ Hier zielt der Vergleich auf das Verbot unter freiem Himmel, das weit über deutsche Standards hinausgeht. Aber Achtung. Jetzt der Konter: „Sie wollen doch nicht ernsthaft unser Berlin mit der sich an die Macht geputschten Militär-Regierung in Thailand vergleichen!“

Zehn Sätze, die nichts aussagen
So many issues Quelle: Fotolia
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Andenken Quelle: Fotolia
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Autsch! Das Das-kann-man-nicht-vergleichen-Argument, das auf einen ganz anderen Aspekt des Vergleichs abzielt: die politische Lage jeweils vor Ort. Ein häufiger Trick. Jetzt müssten Sie eine Erklärung nachliefern, oder noch besser: Sie graben dem vorhersehbaren Konter von vornherein das Wasser ab:

„Warum kriegt es Berlin nicht hin, Nichtraucher in der Gastronomie zu schützen, wenn selbst Länder wie Thailand, das im Moment wirklich andere politische Sorgen hat, das Rauchen zum Schutz der Bevölkerung mitunter sogar unter freiem Himmel verbieten?“

Faustregel: Wenn Sie schillernde Vergleiche ziehen, um dem Gegner die Augen zu öffnen, sagen Sie mit dazu, welchen Aspekt des Vergleichs Sie meinen. Dann können Sie sogar einen Opel mit einem Elefanten vergleichen. Der Elefant hat einen längeren Rüssel, der Opel verbraucht mehr Sprit.

Totschlag-Argument 2: "Wo kommen wir denn da hin?"

So abgedroschen es klingt: Dieses Argument ist das Totschlag-Argument aller konservativen Bewahrer. Denn scheinbar alles, was neu ist, droht zu eskalieren.

Beispiel: die saarländische Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer. Sie lehnt die Gleichstellung der Ehe zwischen Homosexuellen mit der Ehe zwischen Heterosexuellen ab und zwar mit dem Dammbruch-Argument: Dann „sind andere Forderungen nicht auszuschließen: etwa eine Heirat unter engen Verwandten oder von mehr als zwei Menschen.“

Das eine nicht wollen, weil dann automatisch etwas anderes droht. Dieses Argument ist so unfair wie effektiv. Man lehnt einen Standpunkt ab, in dem man ein ganz anderes Szenario an die Wald malt und das dann ablehnt. Der Gegner läuft dann Gefahr, sich in seiner Verteidigung auf das neue Szenario einzuschießen, und damit in die Falle zu tappen. Dieser Trick lässt sich universell anwenden:

„Erst wird in Kneipen das Rauchen verboten, und als nächstes der Alkohol.“

„Wenn Leute auf kommunaler Ebene ab 16 wählen dürfen, dann wählen die bald mit 14 im Bund.“

„Wenn wir auf Landstraßen Tempo 80 einführen, was kommt als nächstes? 30 innerorts?“

Mein Lieblings-Konter: „Mit diesem Argument hätte man damals auch niemals das Tempolimit 100 einführen dürfen. Denn es besteht bei jeder Obergrenze die Option, sie irgendwann zu verändern.“

Etwas nicht zu ändern, weil danach irgendwann weitere Änderungen anstehen könnten, verdammt einen zu ewigem Nichtstun. So kommt das Saarland nie aus dem Quark.

Totschlag-Argument 3: Der Vorwurf mit dem General-Verdacht

Wenn Dinge krumm laufen, liegt es oft an uns. Nennen wir es menschliches Versagen. Weil aber nicht immer alle Menschen versagen, sondern meist nur einzelne, kommt es darauf an, dieses einzelne Versagen aufzuspüren und rechtzeitig zu verhindern.

Beispiel: Nach dem Absturz der Germanwings-Maschine wurde darüber diskutiert, ob man Piloten künftig zu regelmäßigen psychologischen Tests schicken sollte, die über das bisher Übliche hinausgehen. Aber das wollten viele Piloten nicht. Das Argument: Das stelle die Piloten unter einen General-Verdacht. Hä?

Keiner unterstellt, dass Piloten allesamt krank seien. Es geht darum, die wenigen zu finden, denen es nicht gut geht, um Katastrophen zu verhindern.

Auch Video-Überwachung auf öffentlichen Plätzen wird von vielen in der Politik mit dem Argument abgelehnt, dies stelle die Bevölkerung unter General-Verdacht. Warum? Es gibt doch bessere Argumente: Einschränkung der Freiheit, weil ja nicht mehr jeder unentdeckt durch die Gegend laufen kann, da ist zweifellos was dran. Aber ein Generalverdacht gegenüber jedem, der vor die Kamera flaniert, besteht ja nun wirklich nicht.

Wie man Debatten gewinnt
Zwei Personen sitzen an einem Rednerpult Quelle: Fotolia
Ein Schild weist auf einen Kreisverkehr hin Quelle: Fotolia
Eine Frau und ein Mann im Gespräch Quelle: Fotolia
Ein wütender Mann ballt die Fäuste Quelle: Fotolia
Zwei Männer betrachten ein Flip-Chart Quelle: Fotolia
Ein Mann hält den Daumen nach oben Quelle: Fotolia
Ein Mann hält die Hand als Stop-Symbol nach oben Quelle: Fotolia

Wenn man Flüchtlinge nach ihrer Einreise mit Fingerabdruck registriert, dann ist das nicht Ausdruck eines General-Verdachts, jeder Migrant wolle Leistungen erschleichen oder Straftaten begehen. Sondern das ist eine Routine, um schwarze Schafe aufzuspüren.

Wenn man fordert, alle Autofahrer ab 75 Jahren zu einem Eignungs-Test zu schicken, stellt das nicht alle Senioren unter Generalverdacht, sondern man will jene aus dem Verkehr ziehen, die wirklich nicht mehr Herr der Lage sind, was mit steigendem Alter nachweislich wahrscheinlicher wird.

Wenn man am Geldautomaten seine PIN eingeben muss, wird damit nicht jedem Kunden pauschal unterstellt, man sei ein Bankräuber oder Betrüger.

Mit dem General-Verdachts-Argument zieht man schnell die Massen auf seine Seite. Denn welcher unbescholtene Bürger will plötzlich als potenzieller Täter im Fokus stehen? Der beste Konter: „Um die Nadel im Heuhaufen zu finden, muss man das Heu eben wenden. Trotzdem geht es nicht ums Heu.“

Oder Sie kürzen das ganze Gerede ab frei nach Otto:

„Ich könnte Ihnen noch viele Argumente nennen, wenn ich nur welche wüsste.“

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