Werner knallhart

Dank E-Tretrollern: Wir brauchen jetzt mehr Tempo 30

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Für mehr E-Tretroller-Gelassenheit auf den vierspurigen Straßen

So geht das alles nicht! Das werden Millionen von Rollerfahrern irgendwann skandieren. Und auf diese Roller-Lobby muss die Politik eingehen.

Nun gibt es zwei Möglichkeiten: Man verbietet die Roller direkt wieder (in Zeiten der Mobilitätswende undenkbar), oder: Man harmonisiert die Geschwindigkeiten von Autos, Rollern und Fahrrädern – Tempo 30 als Standard-Höchstgeschwindigkeit in Ortschaften.

Kriegen Sie wieder Luft? Gut! Denn Tempo 30 macht die Fahrt durch die Stadt nicht unbedingt langsamer als bei Tempo 50.

von Benedikt Becker, Stefan Hajek, Stefan Reccius, Dominik Reintjes, Christian Schlesiger

Das Umweltbundesamt sagt, es kommt nicht auf die erlaubte Höchstgeschwindigkeit an, sondern auf die Gestaltung der Kreuzungen und den möglichst kontinuierlichen Verkehrsfluss. Heißt: Eine grüne Welle bei Tempo 30 kann die Fahrt im Schnitt schneller machen als das Gewimmel an Kreuzungen trotz erlaubten Tempo 50.

Außerdem ist langsameres Fahren sicherer. Klingt wie eine Binse, aber der ADAC will das so pauschal nicht unterschreiben. Die These lässt sich aber belegen. In einer 20-jährigen Langzeit-Erhebung in Großbritannien konnte gezeigt werden: Nach der Einführung von 20 Meilen pro Stunde als Höchstgeschwindigkeit (32 km/h) haben sich in den betroffenen Bereichen die Verkehrsunfälle um 42 Prozent verringert. Die WDR-Kollegen von Quarks führen sogar mehrere Studien an, die belegen: langsamer ist sicherer. Letztendlich hilft auch gesunder Menschenverstand: Geringere Geschwindigkeit heißt geringere Distanz in der Reaktionszeit und kürzerer Bremsweg. Wenn das nicht sicherer wäre, wozu gäbe es dann überhaupt Geschwindigkeitsbegrenzungen?

Tempo 30 mit gut gemachter grüner Welle, auf der alle entspannt schwimmen, entspannt an Radfahrern und Rollerstehern vorbeigleiten (weniger Tote), weniger bremsen (und dadurch weniger Feinstaub) und weniger beschleunigen (weniger Beschleunigungslärm). Das gibt allen auch ein größeres Sicherheitsgefühl, das viele brauchen, um auf Rad und Roller umzusteigen. Was ja wiederum sinnvoll ist, denn je mehr Roller und Fahrräder, desto weniger Autos, desto weniger Stau.

Wer Roller oder Rad fährt, fährt bald nicht mehr „nicht Auto“, sondern einfach Roller oder Rad. Die Akzeptanz dafür wird auch bei Autofahrern steigen. Wenn wir die E-Roller zusammenklappen und in den Kofferraum unseres Autos legen, verschwimmen die Fronten.

Der neue SMS-Effekt ist der E-Stehroller-Effekt: Der Verkehr wird langsamer, geordneter und trotzdem muss die Fahrt nicht länger dauern. Wenn unsere Städte die grünen Wellen organisieren. Das ist möglich. Ich freue mich drauf. Auf mehr E-Tretroller-Gelassenheit auf den vierspurigen Straßen bei Tempo 30 maximal. Davon profitieren die Nerven von allen.

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