Werner knallhart

Hebt endlich die Bußgelder im Straßenverkehr an!

Die Innenministerkonferenz will über höhere Bußgelder für Verkehrssünder beraten. Gut so! Die Strafen sind bei uns so niedrig, dass ausländische Autofahrer mitunter von einem Irrtum zu ihren Gunsten ausgehen.

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Frau mit einem Handy am Ohr beim Autofahren. Quelle: dpa

Mein Schwager kommt aus Dänemark und hat sich jüngst aufrichtig über sein originelles Souvenir von seiner Deutschlandreise gefreut. Da hatte ihm irgendeine Behörde zwei witzige Fotos nach Dänemark nachgeschickt, wie er gerade am Steuer seines Volvo samt Familie auf der Landstraße durch den deutschen Frühling cruist. Mit 66 Stundenkilometern, statt den erlaubten 60. Nun muss er dafür 10 Euro bezahlen. „Für solch originelle Abzüge ein Schnäppchen“, wie mein Schwager findet. „Dass Deutschland das für den Preis anbietet, kann doch nicht wahr sein.“

Oh doch! In der Tat. Ein Vergleich: Im Europapark wird man auf der Achterbahn ja auch stets fotografiert. Will man davon zwei Abzüge haben, kostet es 12 Euro, nämlich 6 pro Exemplar. Da ist eine Geschwindigkeitsübertretung ganz klar das bessere Geschäft. Und der internationale Versand ist auch noch inklusive.

Bedenkt man, wie unwahrscheinlich es ist, überhaupt bei einer Geschwindigkeitsübertretung erwischt zu werden, kann man den Tempomaten auf der Autobahn ohne große finanzielle Risiken getrost 9 km/h über die erlaubte Grenze programmieren.

Was Raser wissen müssen

Ich bin als 18-jähriger Fahranfänger auf der A5 bei Karlsruhe mal 40 km/h in einer Baustelle gefahren. Weil da eben 40 km/h vorgeschrieben, verdammt! Der Lastwagen-Fahrer hinter mir hielt mich wohl für eine völlig belämmerte Schlafmütze. Denn er hupte und er blendete mich aus allen ihm verfügbaren Lampen. Außerdem musste er mich per Funk verpfiffen haben, denn auch etliche LKW vor mir hupten mich später auf freier Strecke in solidarischer Rachsucht an.

Es ist für manche eben völlig absurd, sich in Deutschland an die Geschwindigkeitsbegrenzungen zu halten. Wer es doch tut, hat sie wohl nicht mehr alle, derartig den Verkehr aufzuhalten.

Wenn man sich den Bußgeldkatalog mal so durchliest, hat man auch tatsächlich das Gefühl, der Gesetzgeber ist ganz unangenehm berührt davon, überhaupt Bußgelder verhängen zu müssen. Nach dem Motto: Was du tust, ist zwar verboten, aber so schlimm ist es nun auch wieder nicht. Freie Fahrt für freie Bürger und so.

Was soll das? Wenn es nicht so schlimm ist, braucht man es nicht zu ahnden. Wir sollten aber unterstellen, dass unsere demokratisch gewählten Repräsentanten nur dann Verbote erlassen, wenn diese im öffentlichen Interesse sind. Die Zahl der Verkehrstoten geht hierzulande nicht zurück. Und Ursache Nummer eins ist Raserei.

In Deutschland aber ist das beste Argument gegen die Durchsetzung von Verboten durch die Behörden: „Polizeistaat oder wat?“

Unsere europäischen Nachbarn sind da konsequenter. Weil sie etwa eine Geschwindigkeitsüberschreitung für gefährlich halten, wollen sie sie verhindern. Mit derart hohen Bußgeldern, dass der Respekt davor den Leuten schon intuitiv den Fuß vom Gas zieht.

Beispiel: 20 km/h zu schnell. Das kostet ein Bußgeld von mindestens
100 Euro in Belgien, Griechenland und Finnland
130 Euro in Großbritannien
135 Euro in Dänemark und Frankreich
165 Euro in den Niederlanden
170 Euro in Italien
Deutschland: maximal 35 Euro!

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