Werner knallhart

Homo-Ehe: Für CDU/CSU ist Sexualität peinlich

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Wir müssen die Verseppelung abstreifen

Im tief katholische Spanien und Irland geht, was hier in der Mitte Europas nicht sein darf. Während wir hierzulande diskutieren, ob bei einem Schützenfest der schwule Schützenkönig seinen Lebensgefährten beim Straßenumzug neben sich haben darf, ziehen die anderen Nationen in aller Ruhe an uns vorbei, schütteln den Kopf und denken sich: Die Deutschen werden es auch irgendwann kapieren. So redet man über uns. Wirklich. Ist das nicht bitter?

Los jetzt! Die Mehrheit der Deutschen will voran schreiten. Wir müssen die Verseppelung der Bundespolitik abstreifen. Eine moderne Gesellschaftspolitik färbt doch auch auf andere Bereiche ab und schafft Aufbruchstimmung. Das tut gut.

Wann traut sich unsere Bundeskanzlerin endlich, die alten Herren mit ihrem mittelalterlichen Familienbild alleine stehen zu lassen? Unvergessen der Moment, in dem Merkel in der Wahlkampfarena im Fernsehen von einem Zuschauer auf die Gleichstellung von Homosexuellen angesprochen wurde. Ihr Gesicht sprach Bände: "Öhmöhmöhm, Scheiße, wie vertrete ich jetzt die offizielle Meinung meiner Partei, ohne mich vor dem Volk komplett zum Deppen zu machen." Gibt man so Leitlinien vor?

Die FPD mit ihrem schwulen Vorsitzenden hat es seinerzeit nicht geschafft, die Gestrigen aus der Union in der schwarz-gelben Koalition zu bändigen. Die gigantische Regierungspartei SPD hat sich im Koalitionsvertrag mit Herdprämie und "Homoehe light" den gesellschaftspolitischen Schneid abkaufen lassen (obwohl sie anderes versprochen hatte) und die Kanzlerin eiert rum. In einer Frage, die so banal ist: Sind wir Menschen alle gleich?

Für Kinder zählt Liebe und Zuwendung

Mittlerweile steht als letztes "Gegenargument" gegen die Gleichheit noch das Kindeswohl. Würde man die Homosexuellen nicht diskriminieren, würden sie ja auch Kinder adoptieren können. Und das ginge ja nun auf gar keinen Fall, weil: Wo kommen wir denn da hin, gell? Irgendwann ist dann alles nur noch homo. Weil ja in der Erziehung das andere Geschlecht als Vorbild fehlt und das ist schlecht.

Wer sagt das? Welche Studie belegt das? Keine Antwort.

Ich dachte immer, für das Glück eines Kindes zählt Liebe und Zuwendung. Die Bereitschaft, für die Kleinen Kraft und Zeit zu investieren. Dass die alten Herren in diesem Zusammenhang immer vom Geschlecht der Eltern sprechen, ist durch nichts begründet, außer durch Tradition. Und das ist bekanntlich das schlechteste Argument für moderne Politik.

Und so ist für moderne menschenfreundliche Gesetze in Deutschland vorerst vorrangig das Bundesverfassungsgericht zuständig - was den Gestrigen wiederum gar nicht gefällt.

Die Diskriminierung von Homosexuellen war schon immer falsch. Aber heute ist sie nicht mal mehr zeitgemäß. Nicht nur Deutschlands Schwulen und Lesben haben etwas anderes verdient, sondern alle. Wir werden uns eines Tages dafür an den Kopf fassen, dass wir 2015 überhaupt noch darüber diskutiert haben.

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