Wettbewerbsfähigkeit Altmaier verlangt Strukturreformen, um den Standort Deutschland zu stärken

Um die Folgen der Coronakrise abzufedern, pumpt der Staat viele Milliarden in die deutsche Wirtschaft. Doch dem Wirtschaftsminister geht das nicht weit genug.

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Der Bundeswirtschaftsminister will Deutschland nach der Coronakrise wettbewerbsfähiger machen. Quelle: dpa

Erst der Kampf gegen das Virus, dann gegen die Konjunktur-Krise - und dann kommt das große Ganze: Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier will Deutschland als Wirtschaftsstandort wettbewerbsfähiger machen. Die Corona-Krise nehme das Land sehr in Beschlag, aber es müssten auch langfristige, strukturelle Änderungen angegangen werden, sagte der CDU-Politiker am Mittwoch in Berlin. Dort beriet er mit Vertretern der Industrie, der Gewerkschaften und der Wissenschaft.

Es brauche Maßnahmen für Wettbewerbsfähigkeit, die über das 130 Milliarden Euro schwere Konjunkturpaket gegen die Corona-Krise hinausgingen, sagte Altmaier. „Dann können wir eine wirtschaftliche Erholung und stabiles Wachstum auch langfristig sicherstellen.“

Wo genau man da ansetzen könnte, schlug der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Gabriel Felbermayr, vor. Im Rahmen der Industriestrategie Altmaiers hat sein Institut eine „Analyse der industrierelevanten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Deutschland im internationalen Vergleich“ erstellt.

Es sei wichtig, sich um den Standort zu kümmern, denn die Industrieproduktion sei seit 2017 „im Rückwärtsgang“, sagte Felbermayr. Deutschland hinke etwa bei vielen Technologien hinterher. Das könne der Staat ändern, indem er nicht nur Geld gebe, sondern selbst tätig werde - etwa bei der Energiewende, bei der Digitalisierung des Bildungs- und Gesundheitssystems oder in der Bundeswehr. Es brauche Handelsverträge für Rechtssicherheit und einen Ausbau des europäischen Binnenmarkts als „beste Versicherung“.

Der deutschen Gesellschaft attestierte Felbermayr eine „Technologieskepsis“. Um dagegen zu halten, sei es besonders wichtig, früh in der Bildung anzusetzen. „Das wäre ein ganz konkreter, schneller Anknüpfungspunkt, um hier die Technologiefreundlichkeit der jungen Deutschen ein bisschen voranzubringen.“

Der Chef des Industrieverbands BDI, Dieter Kempf, sagte, nicht nur die Corona-Krise treffe die deutsche Industrie „mit voller Wucht“. Sie stecke seit zwei Jahren in einer Rezession und stehe weltweit unter Druck. Nun räche sich, dass die Lösung von Standortproblemen immer wieder vertagt worden sei. Für Kempf zählen dazu auch Steuerlast und Bürokratie, Arbeitskosten, Energiepreise und der Zugang zu Wagniskapital. „Die Standortschwäche hindert auch die wirtschaftliche Erholung unseres Landes“, sagte er.

Auf Vorteile des Standort Deutschlands verwies der Chef der Gewerkschaft IG Metall, Jörg Hofmann, etwa die funktionierende Sozialpartnerschaft, die sich in der Corona-Krise wieder einmal bewährt habe, etwa in der Frage der Kurzarbeit. „Klar ist, auch nach vorne wird ohne funktionierende Sozialpartnerschaft eine Transformation nicht möglich sein“, sagte er.

FDP-Fraktionsvize Michael Theurer warf der Bundesregierung vor, sie habe seit Jahren versäumt, etwas für die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland zu tun. „Während andere Länder Bürokratie abgebaut und Steuern gesenkt haben, gefiel sich die GroKo im Geld verteilen“, sagte er. Daran, dass nun kräftig umgesteuert werde, glaube er nicht.

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