Wirecard-Skandal Behörde gab scheinbar zahlreiche Wirecard-Hinweise nicht weiter

Im Skandal um Wirecard gerät die Anti-Geldwäsche-Einheit des Zolls in den Fokus: Laut einem Bericht habe sie zwar viele Hinweise erhalten, aber nur wenige Verdachtsmeldungen weitergegeben.

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Schon vor dem Bekanntwerden des Wirecard-Skandals sollen gegenüber der Zollbehörde FIU zahlreiche Verdachtshinweise geäußert worden sein. Bei den zuständigen Strafverfolgungsbehörden kamen aber nur wenige der Hinweise an. Quelle: dpa

Die Anti-Geldwäsche-Einheit des Zolls hat nach Recherchen von „Süddeutscher Zeitung“ und „NDR“ schon vor dem Bekanntwerden des Wirecard-Skandals zahlreiche Verdachtshinweise im Zusammenhang mit Wirecard bekommen. Davon sei aber nur ein Bruchteil an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden weitergegeben worden. Das Bundesfinanzministerium war am Dienstagabend zunächst nicht für eine Stellungnahme erreichbar.

Die so genannte Financial Intelligence Unit (FIU) prüft bei Verdacht auf Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung und leitet Fälle gegebenenfalls an Strafverfolgungsbehörden weiter. Zur Meldung an die FIU sind zum Beispiel Banken verpflichtet, wenn sie Hinweise auf solche illegalen Geschäfte haben.

Die FIU prüft den Berichten zufolge nun früher eingegangene Meldungen im Lichte neuer Erkenntnisse erneut. Es gehe um Hinweise auf Straftaten wie Bilanzfälschung, Betrug, Untreue, Marktmanipulation sowie Insiderhandel. Hierbei seien 97 Meldungen identifiziert worden, „die in möglichem Zusammenhang mit den derzeit erhobenen Vorwürfen“ gegen Wirecard-Mitarbeiter stehen könnten, zitierte der NDR die FIU.

Ein FIU-Sprecher bestätigte den beiden Medien demnach, dass die Behörde inzwischen zwar 50 Meldungen zu verdächtigen Handlungen an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden weitergereicht habe - den Großteil davon allerdings erst nach Bekanntwerden des Wirecard-Skandals. Die nun erhobenen Vorwürfe gegen die Wirecard AG stünden nicht im Zusammenhang mit dem Kernauftrag der FIU, der darin bestehe, Verdachtsmeldungen im Zusammenhang mit Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung entgegenzunehmen und zu analysieren, erklärte ein Sprecher laut NDR.

Der inzwischen insolvente Zahlungsdienstleister hatte im Juni Luftbuchungen von 1,9 Milliarden Euro eingeräumt. Der Skandal hatte auch die Bundesregierung in Erklärungsnot gebracht. Zentrale Fragen sind, wann genau die Regierung von Unregelmäßigkeiten wusste und ob sie zu wenig dagegen unternommen hat. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat als Konsequenz aus dem Skandal einen Aktionsplan vorgelegt, der unter anderem eine stärkere Rolle der Finanzaufsicht Bafin vorsieht. Die FIU ermittelt inzwischen in einer gemeinsamen Task Force mit der Bafin zum Verdacht der Geldwäsche bei Wirecard.

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