Wirtschaft im Weitwinkel

Ohne starken Welthandel ist unser Wohlstand in Gefahr

Fortschritt oder Rückschritt? Die Meinungen über CETA und TTIP gegen sehr weit auseinander. Und die Diskussionen darüber werden überaus emotional geführt. Doch wie groß sind die Risiken nun wirklich?

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Ein Schild mit dem Symbol der Sackgasse. Zu sehen bei einer Großdemonstration in Hamburg gegen die transatlantischen Handelsabkommen TTIP (USA) und Ceta (Kanada). Quelle: dpa

Am vergangenen Wochenende kam es mal wieder zu großen Demonstrationen gegen CETA und TTIP. Das sind die geplanten Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada (CETA) und der entsprechende Vertrag zwischen der EU und den USA (TTIP). Hauptkritikpunkt der Gegner sind insbesondere die intransparenten Verhandlungen und die Sorge, dass die Konsumentensicherheit in der EU unter den Abkommen leiden könnte. Zudem gibt es die Befürchtung, dass außergerichtliche Einigungsstellen über den nationalen Gerichten stehen und damit die Rechtssicherheit und Rechtsstandards Schaden nehmen könnten.

All diese Bedenken sollten es bei den Verhandlungen berücksichtigt werden. Denn solche Abkommen kann man nicht gegen den Willen der Bevölkerung abschließen. Auf der anderen Seite müssen die verantwortlichen Stellen innerhalb der Regierung aber auch klarmachen, dass solche Abkommen perspektivisch immer wichtiger werden und letztendlich auch Wachstum und Wohlstand in Deutschland sichern.

Wie wichtig eine robuste Weltwirtschaft für das Weltwirtschaftswachstum und damit auch das deutsche Wachstum ist, lässt sich an der Wachstumsdynamik der vergangenen Jahre ablesen. Das Wachstum der Weltwirtschaft verläuft schon seit einigen Jahren enttäuschend – und es schwächt sich weiter ab. Im laufenden Jahr dürfte die globale Wachstumsrate lediglich bei 2,7 Prozent liegen, das ist die niedrigste Rate seit dem Krisenjahr 2009.

Einer der wichtigsten Gründe für das schleppende Wachstumstempo liegt in der Investitionszurückhaltung der Unternehmen, besonders in den Industrieländern. In den Vereinigten Staaten sind die Ausgaben der Unternehmen für neue Anlagen und Maschinen sogar seit drei Quartalen rückläufig, auch in den anderen wichtigen Wirtschaftsnationen halten sich die Firmen mit ihren Investitionen schon länger auffällig zurück.

Als mögliche Gründe für die schwächelnde Investitionstätigkeit werden häufig pessimistische Absatzerwartungen, eine restriktive Kreditvergabe durch die Banken oder die gestiegene globale Unsicherheit genannt. Aus unserer Sicht gibt es noch eine weitere Ursache für die enttäuschende Investitionsentwicklung: Der schon seit einigen Jahren merklich nachlassende Globalisierungstrend in der Weltwirtschaft.

Ablesen lässt sich die Trendwende in der Globalisierung nicht nur an der Abschwächung des Welthandels, sondern auch am rückläufigen Trend der Direktinvestitionen, die auch als „Träger der Globalisierung“ bezeichnet werden können. Auf diese Weise lässt sich nicht nur die auffällige Investitionsschwäche erklären, sondern auch die Konzentration der Konjunktur auf die Binnennachfrage, die wir in fast allen wichtigen Ländern beobachten.

Der enttäuschende Produktivitätstrend der vergangenen Jahre – ebenfalls ein fast weltweit zu beobachtendes Phänomen – dürfte also auch damit zusammenhängen, dass die Vorteile, die beispielsweise noch in den 90er Jahren aus der Internationalisierung von Produktions- und Absatzbeziehungen gezogen werden konnten, nunmehr kaum noch ins Gewicht fallen.

Aus meiner Sicht kann man nur durch eine Stärkung der internationalen Beziehungen mittelfristig auch den Welthandel verstetigen. Zudem sollte man auch beachten, dass auch andere Länder Freihandelsräume schaffen und damit den Konkurrenzdruck auf die EU verstärken.

Aber man muss die Menschen in den EU-Ländern mitnehmen. Wenn dies versäumt wird und die derzeitigen Ideen eines verstärkten Protektionismus mehrheitsfähig werden, steht ein Teil unseres Wohlstandes auf dem Spiel.

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