Wirtschaft im Weitwinkel

Die Großzügigkeit der Regierung kostet Arbeitsplätze

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Wettbewerbsfähigkeit deutsche Unternehmen wird schlechter

Die deutschen Steuerzahler werden in den kommenden Jahren auch für die staatlichen Dienstleistungen tiefer in die Tasche greifen müssen. Denn die öffentliche Hand sorgt auch bei den eigenen Bediensteten, die kaum vom Mindestlohnbeschluss betroffen sein dürften, für gute Laune. Die Tarifeinigung für den öffentlichen Dienst, die für die 2,1 Millionen Beschäftigten von Bund und Kommunen Einkommenssteigerungen um insgesamt 5,7 Prozent vorsieht, legt die Latte auch für die Privatwirtschaft sehr hoch. Vor allem im Bereich der niedrigen Einkommen, wo sich der vereinbarte Sockelbetrag von 90 Euro und die Gehaltssteigerung auch für 2015 auf eine Tariferhöhung um insgesamt 8,2% summieren.

Offensichtlich ist es das Ziel der Bundesregierung, die Spreizung der deutschen Lohnstruktur durch überdurchschnittlich starke Anhebungen im unteren Bereich (sowohl bei den Renten also auch bei den Löhnen) zu verringern. Doch betrifft bereits heute die Arbeitslosigkeit vor allem die Gruppe der wenig Qualifizierten. So lag nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit die qualifikationsspezifische Arbeitslosenquote bei Menschen ohne berufsqualifizierenden Abschluss im Jahr 2011 bei 20 Prozent, während sie bei Fachkräften, also Menschen mit beruflichem oder akademischem Abschluss, dagegen weniger als fünf Prozent betrug. Diese Unterschiede werden sich aller Voraussicht nach in den kommenden Jahren eher noch verschärfen. Für die weniger Qualifizierten wird es in Zukunft wohl noch schwieriger werden, überhaupt einen Job zu ergattern.

Die mit den höheren Löhnen verbundenen Kostensteigerungen verschlechtern tendenziell die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen. Denn auch für die Privatwirtschaft setzt der Abschluss im öffentlichen Dienst eine Marke. Zwar ist die Position der deutschen Unternehmen im internationalen Wettbewerb nach wie vor recht günstig, doch werden neben dem hohen Eurokurs auch die steigenden Lohnkosten mehr und mehr zur Belastung. Die Konvergenz bei den Lohnstückkosten, die sich zwischen Deutschland und vielen der europäischen Nachbarn bereits seit rund drei Jahren beobachten lässt, wird sich wohl beschleunigen. Die Vorteile, die sich Deutschland durch Lohnzurückhaltung und Hartz-Reformen erarbeitet hat, schwinden zusehends dahin.

Im europäischen Ausland dürfte daher neben den verständlichen Neid auf die komfortable Situation der Beschäftigten in Deutschland auch Genugtuung treten: Wenn es so weitergeht, könnte es mit der Dominanz der deutschen Unternehmen im internationalen Wettbewerb bald wieder vorbei sein.

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