Wirtschaftsfonds Aksys, Heideldruck und Infineon - Erfahrungen mit Staatshilfen

Der Autozulieferer Aksys, Heidelberger Druckmaschinen und der Chiphersteller Infineon haben alle um Staatshilfe gebeten - mit unterschiedlichen Ergebnissen.

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Heidelberger Druckmaschinen

Unter Druck: Der Heidelberger Quelle: dpa

Der Fall: Auftragseinbrüche von fast 50 Prozent seit Oktober 2008. Ein Jahresfehlbetrag von 249 Millionen Euro. Die Kassen leer, weil der Abbau von 5.000 Arbeitsplätzen Unsummen verschlingt – aber auch wegen satter Dividendenzahlungen sowie Aktienrückkäufen, zur Abwehr von Finanzinvestoren. Zudem trifft die Heidelberger Druckmaschinen AG der eisige Wind der Finanzkrise: Anfang 2010 könnte eine Anleihe in Höhe von 260 Millionen Euro fällig werden, falls die Anleger ihr Kündigungsrecht ausüben. Heideldruck leidet wie die Wettbewerber Manroland und Koenig Bauer AG (KBA) unter der Konjunktur und zudem unter einer grundlegenden Nachfrageverschiebung. Weniger Werbung in der Flaute und die internet-bedingte Strukturkrise der Printmedien machen den Druckmaschinenbauern das Leben schwer. Tröstlich: Heideldruck lebt vor allem vom Verpackungs- und Werbedruck und hofft deshalb, in zwei, drei Jahren den alten Umsatz zu erreichen.

Die Entscheidung: 400 bis 500 Millionen Euro Bürgschaften, 300 Millionen Euro Kredite – das Geld aus dem Wirtschaftsfonds ist so gut wie freigegeben. Kein Politiker möchte das Vorzeigeunternehmen in bedrohlicher Schieflage sehen. Heideldruck will die Zahlen nicht bestätigen, solange die Verhandlungen andauern.

Die Konsequenz: Die Konkurrenz hält still. KBA freut sich selbst auf Staatshilfe, will aber Zahlen nicht kommentieren – angeblich geht es um insgesamt fast 200 Millionen Euro. Auch Manroland hält sich beim Thema Stütze bedeckt, leidet aber an der Krise wie die Wettbewerber. „Die werden wohl kaum durch edlen Verzicht den beiden Konkurrenten einen Vorteil verschaffen“, sagt ein Analyst.

Chiphersteller Infineon

Reinraum. Für Garantien vom Quelle: AP

Der Fall: Das Unternehmen ist nicht erst nach dem Stichtag 1. Juli 2008 in den Sog der Krise geraten: Seit dem Börsengang vor neun Jahren hat der Chiphersteller nur zweimal Geld verdient, 2000 und 2004. Im Ende September abgelaufenen Geschäftsjahr 2007/08 lag der Verlust bei drei Milliarden Euro – bei einem Umsatz von 4,3 Milliarden Euro. Derzeit kämpft Infineon gegen den dramatischen Auftragseinbruch aus der Automobil- und Mobilfunkbranche. Im kommenden Jahr könnte es für Infineon wirklich eng werden: Bis Sommer 2010 muss das Unternehmen eine auslaufende Anleihe in Höhe von 600 Millionen Euro refinanzieren. Vor diesem Hintergrund sehen Marktbeobachter Infineon kaum als Fall für den Rettungsfonds. Ende Mai sickerte jedoch durch, das Unternehmen habe einen Antrag auf staatliche Bürgschaften in Höhe von 500 Millionen Euro gestellt.

Die Entscheidung: Das Unternehmen selbst hat den Antrag nicht kommentiert, eine Entscheidung steht noch aus. Vorstandschef Peter Bauer hat jedoch mehrfach auf den Fall seines Konkurrenten ST Microelectronics verwiesen, der vom französischen Staat 500 Millionen Euro erhalten hat.

Die Konsequenz: „Für die Autohersteller, Anlagen- und Maschinenbauer ist das Unternehmen systemrelevant“, warb Infineon-Aufsichtsratschef Max Dietrich Kley kürzlich indirekt, aber unverhohlen. Die Bedeutung der Infineon-Chips insbesondere für die deutsche Automobilindustrie ist in der Tat enorm, zählen doch alle großen Hersteller zu den Kunden, für die Infineon die Bauteile individuell entwickelt. Die Autobauer könnten also nicht ohne Weiteres zu einem anderen Lieferanten wechseln.

Automobilzulieferer Aksys

Der Fall: Das auf Akustik, Hitzeschutz und Kunststoffbauteile spezialisierte Unternehmen aus Worms mit einem Umsatz von 370 Millionen Euro und weltweit rund 2.500 Mitarbeitern hatte bereits im März bei der Förderbank KfW eine Kreditbürgschaft in Höhe von 22 Millionen Euro beantragt. „Wir sind eindeutig durch die Autokrise in die jetzige Situation geraten“, sagt Geschäftsführer Bernd Lieberoth-Leden. Ohne den erheblichen Rückgang der Automobilnachfrage, von der Aksys zu 85 Prozent abhängt, hätte das Unternehmen keinen Kredit benötigt.

Die Entscheidung: Der Antrag wurde Ende Mai abgelehnt. Geschäftsführer Lieberoth-Leden erfuhr es aus den Tagesthemen. Als Begründung diente ein zweizeiliger Bescheid; formale und Risikogründe hätten den Ausschlag gegeben, hieß es. Dabei habe Aksys sogar Sicherheiten in dreifacher Kredithöhe vorlegen können, sagt Lieberoth-Leden: „Unter normalen Umständen hätten uns die Banken bei diesen Konditionen die Türen eingerannt. Doch aufgrund der Finanzkrise wollten die Banken nur zusammen mit der KfW einen Kredit vergeben.“

Die Konsequenz: Am 26. Mai musste Aksys Insolvenz anmelden. Betroffen sind rund 1.800 Mitarbeiter in Deutschland, die nun schnellstmöglich Insolvenzgeld von der Bundesagentur für Arbeit erhalten. Nach Schätzung der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie könnte das die Beitragszahler rund 18 Millionen Euro kosten. Die bereits im vergangenen Jahr begonnene Restrukturierung soll weitergehen. „Ohne Stellenabbau wird die kaum ablaufen können“, sagt Lieberoth-Leden. Geschäftsführer wie Insolvenzverwalter teilen das Ziel, Aksys dauerhaft zu erhalten.

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