Wirtschaftsfonds Wie die Unternehmensrettung per Staatshilfe funktioniert

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Die Folgen der Finanzkrise für die Realwirtschaft zu begrenzen – dies ist die originäre Aufgabe des Wirtschaftsfonds Deutschland. Nur die Unternehmen, die vor dem 1. Juli 2008 nicht in Schwierigkeiten waren und es durch die Bankenkrise nun sind, dürfen nach den Kriterien der Bundesregierung überhaupt Hilfen erhalten. Wenn „betriebswirtschaftliche Fehler jetzt durch den Einsatz von Steuergeldern an jeder Ecke ausgeglichen würden“, käme das einer „groben Verletzung des marktwirtschaftlichen Prinzips des Risikohaftung gleich“, schimpft Martin Wansleben, Hauptgeschäftsführer des Deutsche Industrie- und Handelskammertages.

Bewilligung hängt von vier Gremien ab

Reichlich politisches Kalkül war im Spiel, als Ministerien und Kanzleramt die Regularien für den Deutschlandfonds aufstellten. Vier Gremien und Institutionen beraten im Regelfall über die Antragsteller, und je höher es nach oben geht, desto problematischer – sprich: politischer – wird die Entscheidung gerade bei den großen Brocken:

Die Wirtschaftsprüfer von Pricewaterhouse Coopers (PwC) kontrollieren die eingereichten Unterlagen und bereiten die Daten auf. Sie geben in ihrer Expertise bereits erste Einschätzungen, ob das Geschäftsmodell und die Finanzierung überhaupt tragfähig sind – freilich nicht in klaren Worten, eher verklausuliert. Ihr vertrauliches Gutachten über Arcandor beispielsweise, das der WirtschaftsWoche vorliegt, sieht die Restrukturierungsansätze nur als „weitgehend plausibel“ an. Und PwC warnt, die Bürgschaft sei „aufgrund der in einem sehr schwierigen und von hoher Wettbewerbsintensität gekennzeichneten Marktumfeld umzusetzenden Maßnahmen“ doch „mit deutlichen Risiken behaftet“. Und deutlicher noch: Der Konzern verfüge „mittlerweile praktisch über keine freie Substanz mehr“.

Das Zusammenspiel entscheidet

Die Prüfung, ob das jeweilige Unternehmen darüber hinaus volkswirtschaftlich förderungswürdig ist, nimmt das Bundeswirtschaftsministerium mit Vertretern der betroffenen Bundesländer selbst vor. Es hofft, da frühzeitig auf die Bremse treten zu können, um allzu viele marktwirtschaftliche Sündenfälle zu vermeiden.Die nächste Hürde ist der Lenkungsrat aus externen Fachleuten mit langer Berufserfahrung. Neben der PwC-Expertise liegen ihnen im Fall Arcandor auch die Stellungnahmen der Bundesländer und des Antragstellers vor – insgesamt über 200 Seiten. „Das ist intensive Arbeit“, stöhnt einer der Räte. „Das ist aber nötig, wenn es seriös sein soll, sonst kann man es ja gleich politisch entscheiden.“ Die Ministerien für Wirtschaft (BMWi) und Finanzen (BMF) hatten jeweils Vorschläge gemacht, Staatssekretär Otremba telefonierte die Kandidaten ab. Von den Kandidaten des SPD-geführten Finanzministeriums blieben – Glück des Geschicks – just zwei übrig, die auch im BMWi Ansehen genießen: der Gewerkschaftsvorsitzende Hubertus Schmoldt und der frühere Staatssekretär im eigenen Hause und Energiemanager Alfred Tacke.

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