Wirtschaftsfonds Wie die Unternehmensrettung per Staatshilfe funktioniert

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Der Lenkungsausschuss schließlich ist das eigentliche Beschlussgremium. Hier entscheiden vier Spitzenbeamte endgültig – wenn’s politisch geht. Auch hier ist die große Koalition politisch fein austariert: Den beiden schwarzen Vertretern aus BMWi und Kanzleramt stehen die -roten aus Finanz- und Justizministerium gegenüber.

Das Zusammenspiel entscheidet. Der Rat soll als Sturmgeschütz der Marktwirtschaft die Vorlagen prüfen, um ein weiteres, noch unpolitisiertes Votum zu haben. „Wir begreifen uns als fachlich-moralische Institution“, erklärt Ratsmitglied Michael Rogowski. Der frühere Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) will nicht Schicksal für Unternehmen und Arbeitsplätze spielen, sondern unpolitisch und damit letztlich doch sehr politisch entscheiden: „Wir sind dafür da, dass die Büchse der Pandora nicht überquillt.“

Beispiel Arcandor

„Der Lenkungsausschuss wird das Votum des Beirats berücksichtigen müssen“, ist ein Kollege Rogowskis optimistisch, „schon wegen der Überprüfung durch den Haushaltsausschuss.“ Allerdings wollen die acht Wegweiser auch nicht jeden Fall unter die Lupe nehmen. „Bei eindeutigen Fällen kann man gleich sagen: Es wird nix“, empfiehlt einer der Räte. „Sonst verlieren die Unternehmen unnötig Zeit, in der sie andere Lösungen suchen könnten.“ Ein Dritter witzelt über die Namen: „Wir geben nur Rat; ich will nicht sagen, dass die anderen Ausschuss liefern.“

Beispiel Arcandor: Wenn die Experten im Lenkungsrat den Kopf schütteln, „wird es schwer, noch dagegen zu argumentieren“, heißt es im Wirtschaftsministerium. „Der Rat ist für die breitere Öffentlichkeit und die Bundesregierung – für uns brauchen wir den nicht!“ Die wirtschaftspolitische Kronzeugenregelung kann die Politik freilich nicht entmachten. „Der Lenkungsrat hat das fachliche Prä, aber die Politik hat den übergeordneten Blick“, erklärt ein Spitzenbeamter. Allzu häufig könne man die leicht ergrauten Herren im Lenkungsrat aber nicht überrollen. Das sei so ähnlich wie bei einer Ministererlaubnis in der Fusionskontrolle, die das Votum des Kartellamts überstimmt.

Politik steht weiter in der Verantwortung

„Man kann nicht einen Antrag im Lenkungsausschuss ablehnen und sich dann zurücklehnen“, mahnt dagegen Ute Berg. Die wirtschaftspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion sieht die Politik weiter in der Verantwortung: „Die Bemühungen müssen weitergehen, Arbeitsplätze zu retten. Nur der Deutschlandfonds scheidet dann als Geldquelle aus.“ Auch Berg gibt zu bedenken, dass Opel drei wichtige Kriterien erfüllte: „Es gab Investoren, es gab Kreditoren und eine Besicherung. Alle diese Kriterien erfüllt Arcandor nicht.“ Aber Rettungsbeihilfen nach EU-Muster kämen dann immer noch infrage. Auf jeden Fall müssten die Eigentümer einen Beitrag leisten. „Warum sollen die Mitarbeiter leiden, und die Eigentümer nicht. Wenn die ungeschoren davonkämen, widerspräche das meinem Gerechtigkeitsgedanken.“

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