Wirtschaftsstrafrechtler zum Insiderhandel „Die Entdeckungsgefahr ist groß“

Der Verdacht des Insiderhandels gegen Deutsche-Börse-Chef Kengeter belastet den Fusionsprozess mit der Londoner Börse. Warum Insiderhandel generell kein großes Problem ist, erklärt ein Experte für Kapitalmarktstrafrecht.

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Deutsche-Börse-Chef Carsten Kengeter wird der Insiderhandel vorgeworfen. Quelle: dpa

Frankfurt/Main Insiderhandel ist so alt wie der Aktienhandel selbst. Warum es aber meist kein Problem ist, wenn Vorstände die Wertpapiere ihres eigenen Unternehmens kaufen, erklärt André-M. Szesny. Der Rechtsanwalt ist Partner in der Kanzlei Heuking Kühn Lüer Wojtek. Er ist Co-Sprecher des Arbeitskreises Kapitalmarktstrafrecht der Wirtschaftsstrafrechtlichen Vereinigung.

Sollte es Managern überhaupt erlaubt sein, Aktien des eigenen Unternehmens zu kaufen?

Den Erwerb oder Verkauf von Aktien durch Organe des Unternehmens schlechthin zu verbieten, wäre verfehlt. Solche „Directors' Dealings“ haben ja durchaus eine wichtige Signalwirkung für Anleger. Deshalb sind sie genauso veröffentlichungspflichtig wie Insiderinformationen. Problematisch und daher verboten ist ja nur die Verwendung von internen Informationen, die kursrelevant sind.

Sind die momentanen Regelungen ausreichend, um Insiderhandel durch Vorstände zu verhindern?

Insiderhandel wird vor allem durch Markttransparenz verhindert. Die gesetzliche Pflicht zur umgehenden Veröffentlichung von Insiderinformationen und „Directors' Dealings“ gewährleisten das schon sehr weitgehend. Es wird freilich immer ein Zeitfenster bleiben, in dem Insider handeln können, bevor der Markt informiert ist. Aber die Entdeckungsgefahr ist groß: Geschäfte im Vorfeld von Ad-hoc-Mitteilungen werden automatisch untersucht, bei Auffälligkeiten schlagen die Systeme Alarm. Die Überwachung des Aktienhandels ist nichts anderes als eine Rasterfahndung. Das zeigt Wirkung: Statistisch ist der Insiderhandel seit Einführung des Verbots im Jahr 1995 stark zurückgegangen.

Was wäre Ihr Ratschlag an einen Vorstandschef – sollte er die Finger von Aktienkäufen lassen?

Die Gefahr, zumindest in den Verdacht des Insiderhandels zu geraten, ist schon nicht unerheblich. Werden Vorständen über Mitarbeiterbeteiligungsprogramme Aktien zugeteilt, liegt darin prinzipiell kein Insiderhandel. Denn die Zeitpunkte der Zuteilung werden regelmäßig früh festgelegt. Erfolgt die Buchung ins Depot im zeitlichen Zusammenhang mit kursrelevanten Umständen, ist dies rein zufällig.

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