Wohlfahrtsverbände Caritas und Diakonie bedienen sich beim Staat

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Gemeinnützig ist nur die Steuerklasse

Adolf-Leopold Krebs Quelle: Dominik Pietsch für WirtschaftsWoche

"Die Jugendhilfe funktioniert nicht wie andere Politikbereiche, hier steht die Kooperation traditionell im Mittelpunkt", sagt Petring. Zumindest damit ist er zweifellos im Recht. Mit keiner Lobby ist die Politik so eng verbandelt wie mit den Wohlfahrtsunternehmen. Rund ein Drittel aller Bundestagsabgeordneten hat zugleich eine Leitungsfunktion bei Diakonie oder Caritas inne, auf kommunaler Ebene sind die Verbindungen noch frappierender, mancherorts betreiben Staat und Wohlfahrt sogar gemeinsame Tochtergesellschaften.

Breites Angebot

Unter so engen Verbündeten verzeiht man dann schon mal, wenn die Wohlfahrer gar nicht so gemeinnützig wirtschaften, wie es ihre Steuerklasse vermuten lässt. "Gemeinnützig ist an den meisten Wohlfahrtsunternehmen nur ihr steuerlicher Status", sagt Wohlfahrtsskeptiker Graf.

Umsatz gegen Wandel absichern

Dieser Status schreibt ihnen vor, dass am Ende jedes Jahresabschlusses eine schwarze Null stehen muss. "Daraus zu schließen, dass sie keine Überschüsse machten, ist allerdings Quatsch", sagt Graf. Stattdessen heißt es: Sie müssen ihre Gewinne reinvestieren – ob in Armenküchen oder neue Geschäftsräume, bleibt ihnen allerdings selbst überlassen. Gerade hat das Diakonische Werk eine neue Hauptverwaltung für den Bundesverband in Berlin eröffnet, Kostenpunkt: 65 Millionen Euro. Auf kommunaler Ebene wird von Dienstwagen-Fuhrparks berichtet, die viele Politiker klein aussehen lassen.

Auch Adolf-Leopold Krebs, der ansonsten gesprächige Geschäftsführer der Düsseldorfer Diakonie, wird bei diesem Thema wortkarg. Zu Umsatzzahlen oder Rücklagen könne er nichts sagen, "die habe ich nicht im Kopf", heißt es noch im Gespräch, man werde sie aber nachreichen. Es folgt wochenlanges Schweigen, dann die Auskunft, die Diakonie habe sich "dagegen entschieden", Zahlen zu nennen, aber zur inhaltlichen Arbeit könne man gern noch mehr erzählen. Es ist die verbreitete Taktik, mit der die staatlich finanzierten Wohltäter versuchen, ihre Pfründe gegen den gesellschaftlichen Wandel abzusichern: stillhalten und frohe Botschaften verkünden. Bisher hat das noch immer funktioniert.

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