




Und Sie sind so unabhängig, die Vorschläge der Experten gern zu ignorieren.
Ignorieren nein, aber man muss als Politiker immer entscheiden, welchen der oft unterschiedlichen, wenn nicht gegensätzlichen Empfehlungen man folgt. Politische Entscheidung ist etwas anderes als wissenschaftliche Expertise. Die Meinung von Professor Konrad wird beispielsweise vom renommierten Chef des ifo Instituts, Herrn Professor Dr. Sinn, ausdrücklich nicht geteilt. Der sagt, es wäre unverantwortlich, auszusteigen oder den Euro scheitern zu lassen. Deshalb muss am Ende die Politik – dafür sind wir gewählt – nach sorgfältiger Abwägung eine Entscheidung treffen. Es hilft übrigens, wenn man sich selber bewusst ist, dass trotz aller Abwägungen auch diese Entscheidung falsch sein kann.
Haben Sie herausgefunden, was die Opposition will?
Ich kann verstehen, dass die Opposition sagt: Das ist Sache der Regierung. Das ist auch in Ordnung.
Sie meinen, die machen nur deshalb einen so schlechten Wahlkampf, damit sie nicht die Verantwortung für den Euro übernehmen müssen?
Das will ich nicht unterstellen, wobei... Nein. Die Regierung hat den Vorteil, dass sie handeln und Themen setzen kann – aber sie hat auch die Verantwortung. Die Opposition hat es leichter. Für die Demokratie ist es wichtig, dass die Opposition gewählt werden kann. Sie muss nicht gewählt werden. Für Deutschland ist es beispielsweise besser, sie würde nicht gewählt.
Wie viel kostet uns Griechenland denn nun wirklich? Weiß es der Finanzminister?
Diese Frage kann man nicht beantworten. Die Frage ist doch: Was würde es uns kosten, wenn der Euro scheitert? Die Schweiz, ein starkes, wohlgeordnetes und gut situiertes Land, hat unter der massiven Aufwertung des Franken infolge der Finanz- und Bankenkrise massiv gelitten. Was wäre dann erst in Deutschland los gewesen, mit einer nationalen Währung? Wir hatten so schon einen Rückgang der Wirtschaft um 5,1 Prozent. Das waren etwa 150 Milliarden Euro. In einem Jahr! Und das müssen Sie vergleichen mit dem Aufwand, den Euro zu verteidigen. Hu!
Die Bürger müssen sich entscheiden: Weiterwurschteln mit den Bürgerlichen oder eine Haftungsgemeinschaft mit Rot-Rot-Grün. Was würden Euro-Bonds und gemeinsame Einlagensicherung kosten?
Das Problem der Haftungsgemeinschaft ist, dass sie die Philosophie der Verteidigung des Euro verletzt: Hilfe zur Selbsthilfe. Solidarität gegen Solidität. Wir verschaffen den Ländern die notwendige Zeit, um wettbewerbsfähig zu werden. Aber nur unter der Bedingung, dass sie die Ursachen der Probleme beseitigen. Man sieht übrigens in Deutschland selbst, wohin es führt, wenn’s anders ist: Der Bund und die anderen Länder finanzieren seit Jahren die Haushaltsnotlagen in einigen Bundesländern, und das ist ja auch in Ordnung – nur kann der Bund nicht mitsprechen, und es ändert sich nichts. Die Haftung könnte überhaupt nur vergemeinschaftet werden, wenn auch die Entscheidungen gemeinsam getroffen werden. Sonst ist es ein Fehlanreiz. Das würde langfristig die Wettbewerbsfähigkeit Europas kosten. Die Kanzlerin sagt immer: Wir wollen kein deutsches Europa, wir wollen ein starkes Europa.