Wut auf den neuen Rundfunkbeitrag Wo die Sender unsere Gebühren verschleudern

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Noch scheitert es an der Transparenz der Ausgaben

Darauf wollen Deutsche verzichten
„hart aber fair“ mit Moderator Frank PlasbergDas WDR-Urgestein hat mit seiner seit 2001 laufenden Talkshow eine feste Fangemeinde. Nur acht Prozent der im Auftrag des „Focus“ vom Meinungsforschungsinstitut Emnid befragten Deutschen würden auf Plasberg verzichten wollen. Dafür setzt sich sein montäglicher Talk durch kurze Einspielfilme, die Zuschaueranwältin Brigitte Büscher und den unaufgeregten Stil von Plasberg auch zu deutlich ab. Quelle: dpa/picture alliance
„Günther Jauch“Jeden Sonntag nach dem ARD-Krimi empfängt Jauch 60 Minuten lang unter dem Motto „Der Polittalk aus dem Herzen der Hauptstadt“ Gäste im Berliner Gasometer. Dabei ist das Thema Politik keine allzu strenge Vorgabe, auch gesellschaftliche Aspekte werden behandelt. Nur acht Prozent der Deutschen würden darauf verzichten wollen. Quelle: dpa
„Menschen bei Maischberger“ mit Moderatorin Sandra MaischbergerIm September 2003 übernahm die Münchener Journalistin den Sendeplatz von Alfred Bioleks Sendung „Boulevard Bio“ am Dienstagabend. Bei „Menschen bei Maischberger“ stehen traditionell eher gesellschaftliche Themen und Diskussionen im Vordergrund. 16 Prozent der 1006 Befragten könnten darauf verzichten. Quelle: Screenshot
„Anne Will“2007 startete der Polit-Talk unter dem Slogan „Politisch denken, persönlich fragen“ auf dem sonntäglichen Sendeplatz von Sabine Christiansen, seit Jauchs Rückkehr läuft die Sendung mittwochs um 22.45 Uhr. Anne will auf jeden Fall noch, dafür würden aber 17 Prozent der Zuschauer auf die Talkshow verzichten können. Quelle: dpa/picture alliance
„Beckmann“ mit Moderator Reinhold Beckmann (hier mit Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg) Wenn es nach den deutschen Zuschauern geht, ist das „persönliche, konzentrierte Gespräch mit prominenten und ungewöhnlichen Gästen“ ein Auslaufmodell: 21 Prozent würden die Sendung am Donnerstag - hier mit Ex-Verteidigungsminister zu Guttenberg als Gast - nicht vermissen. Quelle: NDR/Morris Mac Matzen
Kritik an der Talkshow-Schwemme im Ersten hatten zuletzt noch Bundestagspräsident Norbert Lammert und der der Rundfunkrat des Westdeutschen Rundfunks (WDR) geäußert: Die Flut von Talkshows sei problematisch für das politische Urteilsvermögen der Bevölkerung, sagte Lammert am Dienstag bei der Feier zum 60-jährigen Bestehen des Berliner Presse Clubs. „Das Format schließt aus, dass die Sachverhalte ernsthaft diskutiert werden.“ Zuvor hatte bereits die Vorsitzende des WDR-Rundfunktrats Ruth Hieronymi gefordert, die Zahl der Talkshows zu reduziern. „Der Rundfunkrat hat ja schon, als die fünf Talkshows gestartet sind, die Sorge geäußert, dass das zu viel sein könnte“, sagte sie. Diese Bedenken hätten sich bestätigt. Quelle: picture alliance / dpadpa picture alliance

Voraussetzung fürs Sparen wäre aber, dass die Sender auf Heller und Pfennig ihre wesentlichen Ausgaben veröffentlichen müssten. Daran hapert es bisher. Zwar hat allein das jüngste Gutachten der KEF von Anfang 2012 samt Anlagen stolze 311 Seiten. Auch die statistischen Jahrbücher und Geschäftsberichte der Sender sind dicke Wälzer. Doch das geht etwa den Korruptionswächtern von Transparency International nicht weit genug.

„Die öffentlich-rechtlichen Sender sollten jährlich detailliert Auskunft darüber geben, wie sie die Beiträge verwenden, die bisherigen Jahresberichte reichen dazu nicht aus“, fordert Transparency-Mitgründer und Vorstandsmitglied Jürgen Marten. Mit der Umstellung sei eine „völlig neue Qualität erreicht: Der Rundfunknutzer hat einen klaren Anspruch darauf, zu erfahren, was mit seinen Beiträgen finanziert wird“, sagt der Jurist.

Dann würde besser sichtbar, wo ARD und ZDF ernsthaft sparen könnten.

Grafik Anzahl der Erstsendeminuten gegenüber den Kosten

Viel Sparpotenzial bieten die Sportrechte, die mit Abstand teuersten Programme. So wird allein die ARD jetzt 420 statt bislang 400 Millionen Euro an die 36 Profi-Vereine der Ersten und Zweiten Bundesliga zahlen.

Die Summe sickerte nach Indiskretionen durch, offiziell nennt die ARD keine Zahl. Privatsender wie RTL, die Rechtepreise über Werbeeinnahmen statt Gebühren refinanzieren müssten, können da nicht mithalten: „Warum sichert sich das ZDF die Champions-League-Rechte mit einem für unsere Verhältnisse wirtschaftlich nicht machbaren Angebot?“, wetterte ProSieben- Sat.1-Vorstandschef Thomas Ebeling, als das Zweite seinem Sender Sat.1 die Rechte für angeblich mehr als 50 Millionen Euro pro Saison wegschnappte.

Mittlerweile haben ARD und ZDF alle maßgeblichen Fußballrechte eingesammelt, ob DFB-Pokal, Fußball-WM oder Frauen-Bundesliga. Ein Verzicht darauf würde Millionen sparen – und die Rechtepreise wohl sinken lassen.

  • Zu Millioneneinsparungen würde die Fusion des Saarländischen Rundfunks mit dem SWR sowie von Radio Bremen mit dem NDR führen. Die beiden Klein-Anstalten gelten allein als kaum überlebensfähig, ihr Ende könnte Doppelstrukturen beenden, vom Fuhrpark bis zum Intendanten.
  • Hohe Einsparungen ergäben sich bei einer Zusammenlegung der 14 Landesmedienanstalten, die mit knapp 143 Millionen Euro jährlich aus den Rundfunkbeiträgen bezahlt werden. Sie kontrollieren die Privatsender – obwohl Gewerbeaufsicht staatliche Aufgabe ist. Man könnte sie zu einer Regulierungsbehörde zusammenfassen.
  • Sparen ließe sich bei den sechs Digitalsendern, für die allein das ZDF 2012 rund 70 Millionen Euro ausgab. Selbst der Ex-Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, Kurt Beck, brachte ein Aus gleich aller sechs Kanäle ins Spiel.
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